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Dieser in Bayern gefundene junge Theropode glänzt mit einem Erhaltungsgrad von 98 Prozent.

Foto: APA/HELMUT TISCHLINGER HANDOUT

München - Das nahezu vollständige erhaltene Skelett eines Raubsaurier aus der Gruppe der Theropoden zu finden, gleicht einem wissenschaftlichen Sechser im Lotto; meist werden nur Fragmente ausgegraben. Entsprechend groß war die paläontologische Freude über einen Fund aus dem Oberjura, der bei Kelheim in Bayern gelang. "Dieser Raubsaurier ist zu etwa 98 Prozent vollständig und repräsentiert somit sicherlich den vollständigsten je in Europa gefundenen Dinosaurier und einen der vollständigsten Theropoden weltweit", erklärt Oliver Rauhut, Konservator an der Bayerischen Staatssammlung für Paläontologie und Geologie.

Evolutionäre Einblicke

Unter Rauhuts Leitung erstellte ein internationales Team ein erstes Gutachten über den Sensationsfund, der bislang noch keiner Spezies zugeordnet wurde und daher vorerst namenlos bleibt. "Das rund 150 Millionen Jahre alte Fossil ist von überragender wissenschaftlicher Bedeutung", sagt Rauhut. Auch die Tatsache, dass es sich bei dem 72 Zentimeter langen Exemplar um ein Jungtier handelt, spielt eine Rolle: Untersuchungen von jungen Theropoden könnten nicht nur essenzielle Daten zur Biologie dieser Tiergruppe liefern, sondern sind laut Rauhut auch von überragender Bedeutung für das Verständnis möglicher Evolutionsmechanismen, da neuen Forschungsergebnissen zufolge Veränderungen von Wachstumsprozessen eine wichtige Rolle in der Evolution spielen.

Die Knochen sind laut dem Experten deutlich besser erhalten als bei den in den vergangenen Jahren gefundenen gefiederten Dinosauriern Chinas, die als einzige einen zum Teil ähnlichen Vollständigkeitsgrad aufweisen, jedoch viele Millionen Jahre jünger sind. Auch bei dem deutschen Fund zeigen sich Reste einer Behaarung bzw. von Protofedern in verschiedenen Bereichen des Fossils. Haar- bzw. Filamentstrukturen bei Dinosauriern stehen schon seit Jahren im Fokus vieler Untersuchungen, da sich aus ihnen wohl die Federn entwickelt haben. 

Fund und Präsentation

Der Fund von Kelheim wurde von einem Team professioneller Fossilienausgräber gemacht, die ihre Entdeckung als Deutsches Kulturgut anmeldeten. "Ich denke, dass hier von Seiten der Eigentümer vorbildlich vorgegangen wurde: Die freiwillige Eintragung des Stückes als "Deutsches Kulturgut" lässt nun auch Publikationen über diesen herausragenden Fund in höchstrangigen Journalen zu", sagt Gerhard Haszprunar, Generaldirektor der Staatlichen Naturwissenschaftlichen Sammlung Bayerns.

Ehe er letztlich vermutlich an ein Museum vergeben wird, wird der Theropoden-Jüngling neben anderen bedeutenden europäischen Funden auf der Fachmesse "Munich Show - Mineralientage München 2011" von 28. bis 30. Oktober präsentiert. Die dortige Sonderschau "European Dinosaurs" zeigt einige ehemalige Bewohner des heutigen Subkontinents, der damals noch eine Gruppe kleinerer Landmassen war, etwa den in Deutschland gefundenen kleinwüchsigen Sauropoden Europasaurus, den neun Meter langen Fleischfresser Megalosaurus aus England, den winzigen deutschen Juravenator und den zwei Meter langen Dromeosauriden Balaur aus Rumänien, einen krallenbewehrten Jäger. (red)