Die Aces-Partnerschulen kommen aus 15 europäischen Ländern: Albanien, Bosnien und Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Kosovo, Mazedonien, Moldawien, Montenegro, Österreich, Rumänien, Tschechien, Serbien, Slowakei, Slowenien und Ungarn.

Foto: Semir Mujkic

Von 25. bis 29. September 2011 trafen sich rund 200 SchülerInnen und LehrerInnen aus 103 verschiedenen Schulen zum interkulturellen und lernorientierten Austausch.

Foto: Semir Mujkic

Sarajevo und sein interkulturelles Flair bot sich als perfekte Stadt für das diesjährige Kick-Off-Treffen zur länderübergreifenden Projektarbeit an.

Foto: Jasmin Al-Kattib

Bei einer Rallye durch Sarajevo lernten die Projektgruppen die Stadt und auch ihre ProjektkollegInnen besser kennen.

Foto: Jasmin Al-Kattib

Die 15-jährige Elisa Keindlstorfer (l.) aus Linz und die 17-jährige Julia Jirka aus Steyr fanden das Netzwerktreffen "ganz super" und "voll spannend", nur ihre lauten Zimmerkolleginnen und das ständige Kommunizieren auf Englisch fanden sie etwas anstrengend.

Foto: Jasmin Al-Kattib

Lehrer Louis Camille Ayetola aus Omurtag in Bulgarien ist stolz auf seinen 14-jährigen Schüler Mustafa Ridvanov Mustafov, der neben seinen Muttersprachen Bulgarisch und Türkisch bereits akzentfreies Englisch spricht. "Weil ich schon als kleines Kind alle Cartoons auf englisch angeschaut habe", meint Mustafa grinsend.

Foto: Jasmin Al-Kattib

Schülerin Tadeja Vaupotić aus Ptuj in Slowenien (l.) und Lehrerin Danijela Pop-Jovanov aus Novi Sad in Serbien sind in diesem Jahr nicht nur Mitglieder des so genannten "Aces-Council", wo an Verbesserungen für das gesamte Schulprojekt gearbeitet wird, sondern fungierten während des "Bazar of Learning" auch als "Living Books".

Foto: Jasmin Al-Kattib

Am letzten Abend der Schulkonferenz: Party!

Foto: Semir Mujkic

Eine Kärntner Gastfamilie für rumänische AustauschschülerInnen zu finden ist gar nicht so leicht. Da schwirren vermeintlich offenen Gastgebern allzu schnell die Gedanken an "südosteuropäische Diebesbanden" durch den Kopf. Elisabeth Grumet, Lehrerin an der HTL Mössingerstraße in Klagenfurt, hat ihre Erfahrungen damit gemacht: Sie musste im letzten Jahr sehr lange nach Gastfamilien suchen, die die Jugendlichen ihrer Partnerschule aus Rumänien aufnehmen wollten, erzählt sie, während sich der große Konferenzsaal des Hotel Hollywood in Ilidža, unweit des Zentrums von Bosniens Hauptstadt Sarajevo, langsam füllt.

"Nach dem Projekt tut es immer allen leid, dass sie im Vorfeld solche Gedanken hatten", weiß Aces-Projektkoordinatorin Christine Gamper. "Aber daran sieht man, dass es auch bei den Eltern noch immer diese Bilder im Kopf gibt, die zum Großteil auch medial geschürt werden." Darum ist es wichtig, einen europäischen Begegnungsraum zu schaffen, um Vorurteile wie diese aus dem Weg zu räumen. Genau hier setzt die "Academy of Central European Schools", kurz "Aces", an: Jugendliche aus Zentral- und Südosteuropa sollen dafür sorgen, dass die Zukunft Europas ohne Vorurteile, Diffamierungen und Vorbehalte gegenüber anderen Ländern und Kulturen auskommen wird.

Gemeinsame Projektideen

Jedes Jahr werden LehrerInnen und SchülerInnen (zwischen 12 und 17 Jahren) aller mittel- und südosteuropäischen Partnerländer des Aces-Netzwerks dazu eingeladen, gemeinsam mit Schulen aus zwei weiteren Ländern eine Projektidee auszuarbeiten und einzureichen. Nachdem die Anträge von einem internationalen Komitee evaluiert werden, bekommen die besten Projekte von Aces eine finanzielle Unterstützung und die Projekt-Teams, jeweils vertreten durch eine Lehrkraft und eine/n SchülerIn, werden zu den Aces-Netzwerk-Veranstaltungen eingeladen. Zudem besuchen sich die Partnerschulen im Laufe ihrer Zusammenarbeit im jeweiligen Projekt gegenseitig.

Email- und Facebook-Kontakte

Vor dem Treffen in Sarajevo hatte Michael K., Schüler an der HTL Mössingerstraße in Klagenfurt, gar keinen Kontakt zu Jugendlichen aus Ungarn, Tschechien oder Ländern des Balkans. Jetzt ist er begeistert: "Das spannendste hier ist, dass so viele Nationen zusammen kommen, und alle so offen zu einander sind. Und Sarajevo gefällt mir, weil hier so viele Religionen zusammen leben, die sich untereinander verstehen. Vier Religionen, das muss man sich einmal vorstellen!" Während der 15-Jährige davon erzählt, wie viele Email- und Facebook-Kontakte er bereits geknüpft hat, rutscht ihm zwischendurch ein englisches "because" heraus - und er lacht. Neben den politischen und kulturellen Grenzen sollen die Jugendlichen für ein paar Tage lang auch sprachliche Hürden aufbrechen - Englisch ist die gemeinsame Sprache, in der beim Aces-Meeting kommuniziert wird.

Ähnlicher als man dachte

Zwar findet jedes Jahr ein Projektwettbewerb zu einem bestimmten Thema statt - dieses Jahr zum Thema "Freiwilligenarbeit" - das Hauptaugenmerk dabei liegt aber auf dem gemeinsamen Lernen und dem interkulturellen Dialog zwischen den verschiedenen Partnerländern. Durch die gemeinsame Projektarbeit werden Erfahrungen, Ideen und Wissen ausgetauscht, Kontakte geknüpft, Freundschaften geschlossen und die Erkenntnis gewonnen, dass man sich ähnlicher ist als man dachte.

So bringt dieser internationale Raum, den Aces bei seinen Netzwerktreffen schafft, auch eine ganz neue Qualität des gemeinsamen Lernens außerhalb des Klassenzimmers mit sich. Das diesjährige Meeting in Sarajevo begann etwa mit einer City-Rallye durch Bosniens Hauptstadt, bei der sich die Projektteams besser kennen lernten. Die folgenden Tage kombinierten interaktives und selbständiges Lernen in Form von unterschiedlichsten Gesprächsrunden, Workshops, Exkursionen und einem großen Lern-Bazar mit vielen Stationen zum Thema Freiwilligentätigkeit und Empowerment von Jugendlichen.

Auch Lehrer lernen

"Ich treffe hier sehr viele Menschen, die ähnlich denken wie ich. Es sind optimistische Menschen, die gewillt sind, mit jungen Leuten zu arbeiten", schildert Mira Verunica, Psychologie-Lehrerin aus Opatija in Kroatien, ihre Freude über den Austausch mit KollegInnen aus den anderen Ländern, und fügt hinzu: "Außerdem gefällt mir die außerschulische Bildung viel besser als der formelle Klassenraum-Unterricht im starren Schulsystem." Auch Ira Dinga aus Tirana findet die vielen Impulse der Tagung hilfreich, ist jedoch skeptisch, ob sie es - zurück im routinierten Alltag - schaffen wird, das hier Erfahrene auszuprobieren. Maria Liedl, Religionslehrerin aus Linz, ist jedenfalls positiv überrascht: "Es ist hier total lebendig und offen, und das Kontakten mit den verschiedenen Nationen ist so unkompliziert. Man hat so bestimmte Bilder im Kopf, wie zum Beispiel jemand ist, der aus Bulgarien kommt, und dann ist es ganz anders."

Zum ersten Mal im Flugzeug

Louis Camille Ayetola aus Bulgarien bedauert, dass es nicht möglich ist, mehr SchülerInnen zu den Netzwerk-Treffen und auf die Austausch-Reisen mitzunehmen, weil das Budget für jede Schule sehr begrenzt ist. In den letzten Jahren waren es 1000 bis 1200 Euro pro Schule, ab heuer werden es 1600 bis 1800 Euro sein. "In meinem Projekt nehmen 15 Schüler teil, aber ich kann nur einen oder zwei davon auf die Projekt-Reisen mitnehmen", so der Englisch- und Französisch-Lehrer. Dabei sei gerade auch die Reise an sich so wichtig für junge Menschen: "Mein Schüler Mustafa, den ich zu diesem Meeting in Sarajevo mitgenommen habe, war jetzt zum ersten Mal in seinem Leben mit dem Flugzeug unterwegs. Er hat seinen Pass machen lassen und musste Vieles im Vorfeld der Reise erledigen. Das alles war sehr gut für ihn, er ist daran gewachsen."

ÖsterreicherInnen schwer zu begeistern

Die Begeisterungsfähigkeit der österreichischen LehrerInnen, Kontakte mit Schulen der ost- oder südosteuropäischen Nachbarn zu schließen, ist deutlich geringer als jene der anderen Länder des Schulnetzwerkes. Aus Bulgarien sind heuer insgesamt 15 Schulen vertreten, aus Rumänien sogar 21 - und aus Österreich nur drei. "Unsere Partnerländer aus Südost- und Osteuropa sind leider immer noch nicht sehr attraktiv in Österreich. Aus Westösterreich haben wir zum Beispiel gar keine Response", so Christine Gamper vom Interkulturellen Zentrum. "Interessanter sind nach wie vor die Sprachländer wie Frankreich, England und Amerika. Die Österreicher sind bei solchen Austauschprogrammen leider immer noch sehr westlich orientiert, auch nach über 20 Jahren Ostöffnung." (Jasmin Al-Kattib, daStandard.at, 7. Oktober 2011)