Wien - Der Verdacht gegen Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), wonach dieser sich als damaliger Infrastrukturminister für Inserate aus staatsnahen Betrieben an Medien starkgemacht habe, scheint sich in Unterlagen zu erhärten. Davon berichten mehrere Medien in ihren Freitag-Ausgaben. Die ÖBB sprechen davon, dass es sich beim vorliegenden Antrag um eine Fälschung handeln könnte. Auch Staatssekretär Josef Ostermayer, davor als Kabinettschef in Faymanns Infrastrukturministerium, wies die Vorwürfe erneut zurück. Ebenso das Bundeskanzleramt. Und die ÖBB "auf das Schärfste". "Kurier Online" veröffentlichte indes am Freitag Faksimiles der angeblichen Faymann-Vereinbarung und zitiert einen anonymen Informanten. Er habe die "500.000-Euro-Kooperation nicht ausgemacht", sie sei im Budget nicht vorgesehen gewesen. "Also habe ich Faymann hineingeschrieben", zur Absicherung, sagte er dem "Kurier". Die Zeitung besteht darauf, dass das Papier echt ist. Im Vorstand seien "die Fetzen geflogen wegen des Papiers", berichtet der "Kurier". Dann musste "der Name Faymann rausgenommen werden". Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch und Untreue.

500.000 Euro für "Kooperation"

In Berichten der "Salzburger Nachrichten", der "Presse", dem "Kurier", der "Oberösterreichischen Nachrichten", der "Kleinen Zeitung", der "Vorarlberger Nachrichten" und der "Tiroler Tageszeitung" wird auf einen Antrag der ÖBB-Konzernkommunikation vom 3. September 2007 verwiesen. In diesem heiße es: "Herr Minister Faymann hat mit der Kronen Zeitung eine mehrteilige Kooperation 'Unsere Bahn' im Jahr 2007 vereinbart." Die Kosten für die ÖBB würden sich auf 500.000 Euro belaufen.

In den ÖBB-Akten finde sich ein fast gleichlautender Antrag mit einem entscheidenden Unterschied, berichten die "SN". Der Verweis auf "Herrn Minister Faymann" fehle. Der Name des heutigen Bundeskanzlers soll demnach auf SPÖ-Druck aus dem Papier getilgt worden sein.

"Unsinn und erledigt"

Im Bundeskanzleramt wies man am Donnerstagabend die bekannten Vorwürfe erneut zurück und verwies auf Faymanns Stellungnahme am Dienstag dieser Woche. Der SPÖ-Chef wies die Anschuldigungen dabei als "Unsinn und erledigt" zurück.

Auch die ÖBB haben Vorwürfe, wonach Inhalte aus Vorstandsbeschlüssen herausreklamiert werden können, "auf das Schärfste" zurückgewiesen. Über Werbebudgets des Unternehmens würden ausschließlich die verantwortlichen Organe entscheiden. Die zitierten Vorstandsbeschlüsse seien "offensichtliche Falschmeldungen". Solche Vorstandsbeschlüsse mit Politikernamen existieren nicht, wurde betont.

Vorstand weisungsfrei

Ostermayer dementierte in den "Salzburger Nachrichten" jegliche Interventionen in Sachen Zeitungsinserate. Auch betonte er, dass der ÖBB-Vorstand weisungsfrei agiere: "Ich bin nicht dafür verantwortlich, wie Anträge gestellt werden. Ich habe nicht darüber zu befinden, wie ein ÖBB-Mitarbeiter etwas formuliert.

Der Name Faymann taucht laut "Salzburger Nachrichten" in weiteren Unterlagen im Hinblick auf Inseratenvergaben auf: In einem Inseratenauftrag der Asfinag an die Zeitschrift "Gewinn" aus dem Jahr 2007 (Umfang: 25.000 Euro) heißt es laut der Zeitung: "Ihr Auftrag: lt Hr. Faymann." 2007 habe das Infrastrukturministerium mit dem "News"-Verlag ein 32-Seiten-Heft "zum Thema 'Mobilität in Österreich', das auch sehr viele die ÖBB betreffende Geschichten beinhaltet". Im dazugehörigen "News"-Seitenspiegel wurde diese Beilage laut "SN" folgendermaßen angekündigt: "32 Seiten Faymann-EXTRA 47/2007." Bruttokosten: 73.000 Euro.

3,3 Mio. Euro in 1,5 Jahren

Nach "SN"-Informationen haben Infrastrukturministerium, ÖBB und Asfinag von Jänner 2007 bis Juni 2008 für Inserate und Medienkooperationen rund 3,3 Mio. Euro ausgegeben.

Die offenen Fragen rund um die Inseratenvergaben beschäftigen seit mehreren Wochen auch die Strafverfolgungsbehörden, die geschalteten Inserate sollen untersucht werden. Wie die Sprecherin der Wiener Staatsanwaltschaft, Michaela Schnell, am Freitag sagte, wird konkret gegen Faymann und Medienstaatssekretär Josef Ostermayer wegen des Verdachts auf Amtsmissbrauch und Untreue ermittelt. Eine entsprechende Anzeige hatte FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky eingebracht.

Zeugen haben ausgesagt

Mit den Ermittlungen beauftragt wurde das Bundesamt für Korruptionsbekämpfung (BAK). Dieses soll nach Beweisen suchen und Zeugen einvernehmen. "Wir wollen die Inserate haben, die geschaltet wurden", so Schnell. Bisher gibt es nur zwei bekannte Zeugen, die beide hochrangige ÖBB-Manager waren. Einer ist der frühere Bahnchef Martin Huber, der bestätigte, gegenüber dem BAK ausgesagt zu haben. Auch der frühere Personenverkehrsvorstand Stefan Wehinger wurde als Zeuge unter Wahrheitspflicht einvernommen. "Ich habe vor der Behörde wahrheitsgemäß ausgesagt. Mehr darf ich dazu nicht sagen, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt", erklärte er diese Woche gegenüber den "Salzburger Nachrichten". Über Details der Ermittlungen war am Freitag nichts zu erfahren, im BAK betonte man, dass man Stillschweigen darüber vereinbart habe.

Kern verweist auf Vorstandsbeschlüsse

Der amtierende ÖBB-Chef Christian Kern hat am Freitag im ORF-"Mittagsjournal" Medienberichte, wonach der Name von Kanzler Faymann in Vorstandsbeschlüssen der ÖBB aus seiner Zeit als Verkehrsminister im Zusammenhang mit Inseratenvergaben auftauche, zurückgewiesen. Man habe den Sachverhalt überprüft und sei "zur Einschätzung gelangt, dass die Vorstandsbeschlüsse, die tatsächlich dann beschlossen worden sind, anders lauten, als sie heute in den Medien abgedruckt worden sind - nämlich keine Politikernamen beinhalten."

Ob der Name des früheren Verkehrsministers in vorangegangenen Versionen der später getätigten Vorstandsbeschlüsse gestanden sei, wollte Kern nicht beurteilen: "Das ist ein Vorgang, der weit vor meiner Zeit bei den ÖBB war, Detailwissen liegt mir hier nicht vor. Ich kann nur beurteilen, was uns hier an Dokumenten vorliegt und die sprechen eine klare Sprache." (APA)