Leipzig - Neue Medikamente gegen Hepatitis C vom Genotyp 1 könnten bis zu drei Viertel aller nicht vorbehandelten Patienten heilen. Die Heilungsrate steigt dadurch bei dieser Form um 30 Prozent, für viele Betroffene verkürzt sich die Therapie. Für Mitte September erwarten Ärzte die Zulassungsrichtlinien für die neuen Präparate. Welchen Patienten diese Mittel helfen und mit welchen Nebenwirkungen sie rechnen müssen, diskutieren Ärzte auf der „Viszeralmedizin 2011" in Leipzig.

In Deutschland sind laut Robert-Koch-Institut etwa 500 000 Menschen mit dem Hepatitis C-Virus (HCV) infiziert. Blut überträgt die Viren - häufig durch Drogenkonsum mit verunreinigten Spritzen. Anfangs fühlen sich Betroffene müde und klagen über Juckreiz, Bauch- und Gelenkschmerzen. Bei mehr als drei Viertel der Infizierten bewältigt die körpereigene Abwehr das Virus nicht. Die Hepatitis C nimmt dann eine chronische Form an. Diese geht bei wiederum 20 Prozent einher mit einer Leberzirrhose - die Leber schrumpft. Daraus entwickelt sich oft Leberzellkrebs, der meist tödlich endet.

Unbemerkter Ausbruch

Je jünger die Patienten sind und je früher eine Therapie einsetzt, desto erfolgreicher wirkt sie. Vielfach bricht die Krankheit jedoch unbemerkt aus. „Lässt sich das Virus über mehr als ein halbes Jahr nachweisen, gehen wir von einem chronischen Verlauf aus", sagt DGVS-Kongresspräsident Peter Malfertheiner aus Magdeburg im Vorfeld der „Viszeralmedizin 2011". Neue Medikamente lassen jetzt hoffen: „2011 wird in die Geschichte eingehen als das Jahr, in dem sich nach einem Jahrzehnt eine neue Standardtherapie gegen Hepatitis C des Genotyp 1 etabliert", ergänzt Michael Manns, Hannover.

Bislang kombinierten Ärzte zwei Wirkstoffe. Hinzu kommen jetzt als drittes sogenannte Proteaseinhibitoren. „Die Tripletherapie aus Interferon alpha, Ribavirin und einem der Proteaseinhibitoren Boceprevir oder Telaprevir heilt bis zu drei Viertel der nicht vorbehandelten Patienten", sagt Manns. Bei vielen Patienten verkürzt die Dreierkombination zudem die Dauer der Therapie von 48 auf 24 beziehungsweise 28 Wochen.

Größeres Nebenwirkungsprofil

Trotz dieser offenbaren Vorteile erfordert die neue Therapie auch ein besonderes Nebenwirkungsmanagement, so die beiden Stoffwechselmediziner. Denn die Proteaseinhibitoren verstärken die so genannte Anämie - das Blut transportiert weniger Sauerstoff, die Betroffenen sind weniger belastbar. Mitunter ist auch der Geschmackssinn gestört und die Haut verändert sich. „Im Wesentlichen ist das Nebenwirkungsprofil jedoch bedingt durch pegyliertes Interferon und Ribavirin", sagt Manns.

Die neue Hepatitis C Triple-Therapie gilt nur für HCV-Genotyp 1, nicht für andere HCV. Noch fehlt es auch an wirksamen Methoden für bisher schwierig zu behandelnde Patienten: Menschen mit Hepatitis C und HIV, Transplantations- und Dialysepatienten. Forscher arbeiten deshalb unter anderem an neuen Proteaseinhibitoren. Diese versprechen nebenwirkungsärmer zu sein und Patienten müssen sie täglich ein- statt dreimal einnehmen. Auf der Viszeralmedizin 2011 in Leipzig diskutieren Experten den Einsatz der neuen Medikamente und wie sich Nebenwirkungen minimieren lassen.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO bezeichnet Hepatitis C als „virale Zeitbombe": Weltweit rund 170 Millionen HCV-Infizierten stehen rund 33 Millionen HIV-Infizierte gegenüber. Nur jeder vierte Erkrankte wird rechtzeitig erkannt. „So kann sich eine im Akutstadium gut heilbare Krankheit zur tödlichen Bedrohung für jeden Infizierten entwickeln", betont Manns. Neben einer frühen Diagnose sei eine qualifizierte Behandlung durch Spezialisten wichtig. Denn noch immer bliebe zu häufig selbst eine erkannte Hepatitis unbehandelt. (red)