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"Epilepsie ist, für Laien ausgedrückt, eine Art Kurzschluss im Gehirn. Es sendet unglaublich viele Impulse auf einmal, der Körper kann in einen Ganzkörperkrampf oder in einen fokalen Krampf geraten", erklärt Frido Schrott, Sanitäter und Lehrbeauftragter im Ausbildungszentrum des Wiener Roten Kreuzes.

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"Bitte, schiebt auf keinen Fall dem Betroffenen etwas zwischen die Zähne. Schon gar nicht einen Löffel."

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"Erste Hilfe bei einem epileptischen Krampf geht so: Alle Gegenstände, an denen sich die krampfende Person verletzten könnte, wegräumen. Ruhe bewahren! Die Rettung rufen - Notruf 144 - oder jemanden bitten, das zu tun."

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"Warten bis der Krampfanfall vorbei ist. Dann die Person in stabile Seitenlage bringen, so dass der Speichel im Mund abrinnen kann. Wenn möglich, legt ihr etwas Weiches unter den Kopf und deckt sie zu."

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Was tun, wenn jemand zusammenbricht und krampft? "Einen Löffel in den Mund stecken, damit er sich nicht in die Zunge beißt", bekommt Frido Schrott, Sanitäter und Lehrbeauftragter im Ausbildungszentrum des Wiener Roten Kreuzes, häufig zur Antwort.

"Bitte tut das nicht", warnt er. "Schiebt auf keinen Fall dem Betroffenen etwas zwischen die Zähne. Schon gar nicht einen Löffel. Früher hat man gelernt, eine Druckstelle in der Wange zu finden, über die der Mund geöffnet werden kann, und einmal habe ich live erleben müssen, dass jemand einem Epileptiker die Zähne richtiggehend weg gebogen hat, um einen Löffel in seinen Mund zu bekommen... Das ist nicht nur absolut sinnlos, sondern auch gefährlich. Zwei Dinge sprechen dagegen. Erstens: Man wird vermutlich sowieso nichts in den Mund hineinbekommen, weil sich der Kiefer genauso verkrampft wie der restliche Körper. Zweitens: Die Zunge wird, wenn überhaupt, am Anfang des Anfalls verletzt. Außerdem ist es klar, dass man einem Epileptiker nicht präventiv etwas zwischen die Zähne stecken kann. Sollte es doch zu Verletzungen an der Zunge oder in der Wange kommen, verheilen diese meistens sehr schnell."

Nicht festhalten!

"Darüber hinaus soll man Menschen mit einem epileptischen Anfall nicht festhalten", erklärt Frido Schrott. "Wenn jemand in einen Krampfanfall eingreift, kann es unbeabsichtigt zu Verletzungen sowohl beim Betroffenen als auch beim Helfer kommen, da der Anfall mit gewaltigen Kräften einher geht. Aus Gründen des Selbstschutzes sollte man deshalb zu krampfenden Personen Abstand halten."

Was ist Epilepsie?

"Jeder von uns kann einen Krampfanfall bekommen, die Gründe dafür sind vielfältig. Es handelt sich, für Laien ausgedrückt, um eine Art Kurzschluss im Gehirn. Es sendet unglaublich viele Impulse auf einmal. Epilepsie kann sich auf viele verschiedene Arten zeigen: Der Körper kann in einen Ganzkörperkrampf oder in einen fokalen Krampf geraten. Epilepsie kann aber auch in Form von sogenannten Absencen stattfinden – vor allem bei Kindern und Jugendlichen. Das äußert sich so, dass die betroffene Person einfach nur dasitzt, schaut und nicht reagiert. So dass die Eltern oder Lehrer denken, 'das Kind ignoriert mich‘, und oft lange nicht draufkommen, was der Grund für dieses Verhalten ist.

Der Krampfanfall

Oft beginnt ein Krampfanfall mit einem Schrei, dann bricht die Person zusammen. Sie kann sich nachher üblicher Weise nicht an den Anfall erinnern. Weil sie während des Krampfes wenig bis gar nicht atmet, kann sich sich ihre Haut graublau verfärben. Die Augen verdrehen sich, der Speichel rinnt aus dem Mund. Unwillkürliche Stuhl- und Harnentleerung sind möglich. Ein epileptischer Anfall dauert zirka zwei bis fünf Minuten. Danach findet eine sogenannte Nachschlafphase statt, weil der Krampfanfall für den Körper so anstrengend ist, dass er komplette Entspannung fordert. Die betroffene Person ist in diesem Stadium kaum aufzuwecken. Im Nachhinein tritt manchmal Verwirrung auf.

Erste Hilfe

Was also tun, wenn jemand krampft? Richtige Erste Hilfe geht so: Alle Gegenstände, an denen sich die krampfende Person verletzten könnte, wegräumen. Wenn notwendig Kanten oder Ecken mit einer Decke oder Jacke abpolstern. Ruhe bewahren! Die Rettung rufen – Notruf 144 – oder jemanden bitten, das zu tun. Warten bis der Krampfanfall vorbei ist. Wenn die Person in die Nachschlafphase kommt, macht es Sinn, sie in stabile Seitenlage zu bringen, so dass der Speichel abrinnen kann. Wenn möglich, legen wir ihr etwas Weiches unter den Kopf und decken sie zu. Was ich persönlich bei einem epileptischen Krampf sehr wichtig finde, ist die psychische Erste Hilfe: Die Betroffenen bekommen nicht mit, was geschehen ist. Sie sind, wenn sie wieder zu sich kommen, oft verwirrt und verunsichert", schließt Frido Schrott den siebenten Teil seiner Mythen der Lebensrettung. (Eva Tinsobin/derStandard.at/16.08.2011)