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Die regulierte Donau tieft sich jedes Jahr um mehrere Zentimeter ein, den umliegenden Auen mangelt es in der Folge an Wasser.

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Der drei Kilometer lange Naturversuchs-Abschnitt bei Bad Deutsch-Altenburg.

Grafik: WWF

"Die Donau östlich von Wien ist einer der wertvollsten Naturlebensräume Österreichs und seit dem Widerstand gegen den Kraftwerksbau bei Hainburg ein Symbol der Umweltbewegung. Deshalb beobachten wir sehr genau, was dort passiert", erklärte Andreas Wurzer, Naturschutzdirektor des WWF Österreich (World Wide Fund For Nature) bei einer Pressekonferenz am Mittwoch. Was durch die Beobachtung ersichtlich würde: Der Strom gräbt sich jährlich zwei bis drei Zentimeter tiefer in sein Bett.

Verantwortlich dafür seien Kraftwerke stromaufwärts und die über zwei Jahrhunderte gesetzten Maßnahmen zur Flussregulierung, so Wurzer. In der Folge könne sich der Schotter am Grund nicht mehr dynamisch verlagern, wie es in natürlichen Flussbetten der Fall ist: Die zentrale Schiffahrtsrinne der Donau würde sich eintiefen und die angrenzenden Altarme und Augebiete bekämen immer weniger Wasser ab. Darunter leide letztendlich der Grundwasserspiegel im Naturschutzgebiet, schlimmstenfalls könne ein Austrocknen der Donauauen die gesamte Tier- und Pflanzenwelt im Nationalpark existenziell bedrohen.

Pilotprojekt in Bad Deutsch-Altenburg

Zur Stabilisierung der Flusssohle soll nun in einem Naturversuch auf einer drei Kilometer langen Strecke bei Bad Deutsch-Altenburg grober Schotter eingebracht werden. "Es ist ausreichend Datenmaterial vorhanden, um die granulometrische Sohlverbesserung noch dieses Jahr starten zu können", sagte der deutsche WWF-Experte Georg Rast bei der Pressekonferenz. Hinter dem Projekt steht die via donau, ein dem Infrastrukturministerium nachgestelltes Unternehmen, das Versuchsdetails auf Druck mehrerer NGOs nun geöffnet hat und deren Anliegen berücksichtigen will. "Wir hatten lange Zeit nicht die Möglichkeit zur Einsicht, wussten nicht, was in diesem Naturversuch geplant ist und konkret umgesetzt werden soll", erklärte Andreas Wurzer.

Unter Zusicherung mehrerer Bedingungen will der WWF den Naturversuch nun unterstützen. "Er soll stattfinden, aber es soll Konditionen geben, unter denen er stattfindet", bekräftigte der Naturschutzdirektor. Eine solche Auflage ist der reversible Charakter des Versuchs: Sollte sich die Stabilisierung der Flusssohle als ungeeignet herausstellen, so müsse es eine Möglichkeit zum Rückbau der Maßnahmen geben. Außerdem sollen im Zuge des Projekts Seitenarme an den Hauptstrom wiederangebunden werden und die Fahrwassertiefe für den Schiffsverkehr 2,5 Meter nicht überschreiten.

Kontrollierendes Gremium

Teil der Bedingungen ist auch ein Beteiligungsmodell, das eine Teilnahme verschiedener Einrichtungen und der Öffentlichkeit zur Kontrolle des Versuchs vorsieht - darunter Fischereiverbände, der Nationalpark und die Internationale Donauschutzkommission. Beraten und unterstützt werden soll das Gremium von einem unabhängigen, fünfköpfigen "International Science Board", erklärte Irene Lucius vom WWF Donau-Karpaten-Programm. Die gewonnenen Erkenntnisse des Naturversuchs sollen schließlich in Folgeprojekten berücksichtigt werden.

Um die Forderungen zu unterstreichen, wandte sich der WWF in einem offenen Brief (PDF) mit den Anforderungen auch an Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, Infrastrukturministerin Bures und Umweltminister Berlakovich.

Unterstützung von VCÖ, Kritik vom Dachverband

Unter den vom WWF geforderten Auflagen befürwortet auch der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) den Naturversuch. Gleichzeitig solle der Gütertransfer verstärkt von der Straße auf die Donau verlagert werden. "Für uns steht aber eines außer Diskussion: Die Verbesserung der Donauschifffahrt muss im Einklang mit der Natur passieren. Umweltorganisationen sind dabei miteinzubeziehen", betonte VCÖ-Sprecher Martin Blum. Auch die Interessensgemeinschaft Öffentlicher Donauhäfen Österreichs (IGÖD) und die Studierendeninitiative "EinFlussDonau" begrüßten in Stellungnahmen den Vorstoß des WWF.

Der Umweltdachverband kritisierte hingegen in einer Aussendung den "Zick-Zack-Kurs des WWF in Sachen Donauauen". Im Jänner hätte sich eine Allianz aus Umwelt-NGOs wegen einer fehlenden Naturverträglichkeitsprüfung "aus gutem Grund gemeinsam gegen die Durchführung des Naturversuches Bad Deutsch-Altenberg ausgesprochen. Abgesehen von schwerwiegenden inhaltlichen Bedenken hat sich klar herausgestellt, dass das vorliegende Naturversuchsprojekt aus rechtlichen Gründen nicht realisiert werden kann", bemängelte der Präsident des Verbands, Gerhard Heilingbrunner.

Da via donau bis zuletzt kein überarbeitetes Naturversuchsprojekt vorgelegt habe, sieht er die Diskussion um das Projekt beendet. Der WWF solle "nicht einem rechtlich gesehen toten Projekt nachweinen und dafür aktiv lobbyieren", so Heilingbrunner. Negativ äußerte sich auch die Umweltorganisation Virus: "Dieser Mogelnaturversuch ist nach wie vor nicht genehmigungsfähig", meinte Sprecher Wolfgang Rehm. (mm, derStandard.at, 27.7.2011)