Die neue Wii U ist eher unscheinbar...

Foto: Nintendo

...die Attraktion ist der Touchscreen-Controller,

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der auch über herkömmliche Tasten verfügt.

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Interaktion zwischen den beiden Bildschirmen

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Das Pad als Sucher

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Zum Schreiben und Zeichnen dient es auch

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Inhalte können zudem eins zu eins gestreamt werden

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Es war die Nachricht der E3: Nintendo wird 2012 den Nachfolger zur populären Spielkonsole Wii auf den Markt bringen. Das "Wii U" getaufte Gerät bringt erstmals hochaufgelöste Spiele aus dem Nintendo-Universum und lässt sich über einen Controller mit einem 6,2 Zoll großen Touchscreen bedienen. Überdies ist die Hardware komplett abwärtskompatibel zu bestehenden Wii-Games und allen -Eingabegeräten. Im Rahmen einer ersten Anspielgelegenheit zeigte der Hersteller, wie Spiele von den neuen Möglichkeiten Gebrauch machen könnten.

Augenschein: Grafik

Nintendo ließ keine fertigen Werke anspielen, anstelle dessen mussten sich die versammelten Journalisten mit Gameplay- und Technologiedemos begnügen. Rein äußerlich erwies sich die grafische Leistung als in etwa ebenbürtig mit Xbox 360 und PS3. Während einige Werke einfach wie Wii-Spiele mit höherer Auflösung aussahen (vermutlich 720p, konkrete Details wurden nicht verraten), versprachen die interaktiven Tech-Demos "Japanischer Garten" und "Zelda" größeres Potenzial. Mit detaillierten Texturen und grafischen Effekten wie Tiefenunschärfe dürften Mario und Co. künftig tatsächlich in technisch aktueller, ansprechender Form über den Bildschirm laufen.

Highlight: Der Controller

Hier ist die Entwicklung also in der Gegenwart angekommen, überraschen will der Hersteller hingegen mit dem Touchscreen-Controller. Die ungewöhnlich große Steuereinheit integriert an beiden Seiten typische Tasten, Abzüge und Analog-Pads (keine Sticks) für traditionelle Erlebnisse, sowie Bewegungssensoren, eine auf den Spieler gerichtete Kamera und einen 6,2 Zoll messenden Touchscreen im 16,9 Format, der sich mit einem Finger oder Stift bedient werden kann. Multitouch, also die Eingabe mit mehreren Fingern gleichzeitig, ist keine Option. Insgesamt ist der Controller in etwa so groß wie ein iPad, fühlt sich aber deutlich leichter an und liegt gut in der Hand. Das Kunststoffgehäuse wirkt robust. Der Screen selbst zeigt scharfe, kontrastreiche Bilder, die über Funk von der Konsole gestreamt werden.

Einsatzmöglichkeiten

Dies wird dazu genutzt, um beispielsweise die Steuerung eines Spiels zu erweitern. So kann das Pad bei einem Rollenspiel dauerhaft das Inventar anzeigen oder man nützt den Touchscreen zum Zeichnen oder Gestalten eines Charakters. Eine weitere Möglichkeit ist es, Inhalte ganz einfach eins zu eins zu streamen, damit man ein Spiel in ein anderes Zimmer mitnehmen oder den Lebensgefährten fernsehen lassen kann. Wie gut dies unter Realbedingungen funktioniert, ist derzeit nicht einschätzbar, auf der Messe waren die Controller per Datenkabel angebunden.

Die vielleicht interessanteste Anwendung ist die Erweiterung des Spielfelds. So wurde bei einer Technikdemo etwa ein prachtvoll gestalter japanischer Garten auf einem großen Bildschirm gezeigt. Der Touchscreencontroller konnte dank Bewegungssteuerung und Screen wie der Sucher einer Kamera verwendet werden. Als konkretes Gameplay-Beispiel dienten das Mehrspieler-Abschießspiel Battle Mii und das Fangenspiel Chase me. Bei ersterem verbünden sich zwei Spieler, die per geteiltem Bildschirm und Wii-Controller zwei bewaffnete Mii-Avatare steuern. Gejagt wird der dritte Spieler, der mit einem UFO von oben aus die Kontrahenten befeuert und das ganze direkt auf dem Touchscreen mitverfolgt. Ähnlich das Konzept bei Chase Mii, wobei hier bis zu vier Spieler versuchen mussten, den fünften Spieler zu fangen, der Mario per Touchcontroller navigierte.

Nintendo sieht noch zahlreiche weitere Einsatzzwecke. Etwa könnte das Pad bei einem Golfspiel als Abschlagplatz oder bei einem Shooter als Zielfernrohr zum Einsatz kommen. Jedenfalls sei die Kombination als bestehenden Wii-Controllern und Pad von vornherein vorgesehen.

Positiver Ersteindruck

Dem Ersteindruck nach hat Nintendo tatsächlich einen weiteren Ansatz gefunden, um Konsolenspiele zu bereichern. Gerade bei Mehrspielerinhalten macht die Trennung von Bildschirmen besonders viel Spaß. Das Touchscreen-Pad ist groß, aber leicht und lässt sich gut bedienen. Der Bildschirm gibt Bilder leuchtstark wieder. Die Kombination verschiedenster Eingabemethoden gibt reichlich Platz für innovative Ideen. Ob dies wirklich "jedem" gefallen wird - wie es sich das Unternehmen wünscht - muss der Markt entscheiden. Eine Schlüsselfrage ist, wie Coregamer und Fans von Shootern und Action-Games die zwei Analogpads aufnehmen werden. Diese bieten zwar eine präzise Navigation, herausstehende Sticks wie man sich von Xbox- und PlayStation-Controllern kennt wirken indes vertrauter.

Viele Unklarheiten

Bei der Präsentation ist Nintendo viele entscheidende Informationen schuldig geblieben. Etwa ist nicht klar, welches Disc-Format genau zum Einsatz kommen wird und ob Nintendo diesmal die Konsole auch zum Abspielen von Filmen fit macht. Wie leistungsstark die Hardware ist, scheint mit kryptischen Angaben zum Mehrkern-Prozessor mit PowerPC-Architektur schwer einschätzbar. Und vor allem: wie lange wird eine Akkuladung reichen, wenn der Controller ständig Bildinformationen ausgeben muss? Immerhin klar ist, dass für Download inhalte ein interner Flash-Speicher verbaut wird, der sich mittels SD-Karten und USB-Sticks (vier Ports) erweitern lässt. Zu guter letzt bleibt auch zu klären, welchen Preis alle Features rund um den aufwändigen Controller haben werden. Die Wii kostete zum Start 250 Euro - ob sich dies wiederholen lässt?

Eine Frage der Spiele

Wichtigstes Kriterium wie bei jeder Konsole werden die gebotenen Games sein. Hier wird Nintendo in den kommenden Monaten ordentlich auf Gas steigen müssen. Zwar seien alle großen Studios mit an Bord, zu sehen waren bis auf eine etwas ruckelig laufende Version eines Ghost Recon-Shooters noch keine Spiele.

Zu den ersten in Aussicht gestellten Drittherstellerwerken zählen einige Portierungen wie Lego City Stories, Assassin's Creed Revelations, Batman Arkham City, Darksiders 2, DiRT, ein Aliens-Shooter, Ghost Recon Future Soldier, Tekken oder Ninja Gaiden 3 und Battlefield 3. Zu den eigenen Produktionen sollen unter anderem New Super Mario Bros. Mii und Pimkin gehören.

(Zsolt Wilhelm aus Los Angeles, derStandard.at, 7.6.2011)