Die Sockelsanierung eines Altbaus wie hier in der Taborstraße 68-70 in der Wiener Leopoldstadt ist komplizierter und auch teurer als ein Neubau auf der grünen Wiese.

Foto: BWS

Die neuen Maisonnettewohnungen im Dachgeschoß sprechen die Besserverdiener an, sind aber immer noch relativ günstig.

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Ein Vorzeigeexempel für städtisches Wohnen im demokratischen Durcheinander.

Die letzten Arbeiten laufen gerade an. Die Stiegenhäuser werden ausgemalt, die Waschtischarmaturen montiert, die für jede Baustelle typischen Mängel behoben. Ende Mai sollen die Wohnungen an die neuen Mieterinnen und Mieter übergeben werden. Ansonsten ist im grauen Wohnhaus in der Taborstraße 68-70 nicht alles so typisch. Denn anders als die meisten Wohnbauprojekte in Wien ist das ein Altbau aus der Gründerzeit, der in den letzten zwei Jahren von Grund auf sockelsaniert wurde.

"Die Sockelsanierungen nehmen in unserem Portfolio einen verschwindend geringen Anteil ein", so Franz Polzer, Projektleiter bei einer Tochter der gemeinnützigen BWS Bau-, Wohn- und Siedlungsgenossenschaft. Umbauten und Aufstockungen im Altbau seien nicht nur teurer, sondern auch wesentlich ineffizienter.

Anders als beim Neubau

"Natürlich halten wir es für sinnvoll, vorhandene Bausubstanzen zu nutzen und leistbaren Wohnraum nicht nur am Stadtrand zu schaffen, sondern auch in der dichtbesiedelten Innenstadt", sagt Polzer. "Gleichzeitig muss man sich als Bauträger dessen bewusst sein, dass Finanzierung und Vermarktung ganz anders ablaufen als in einem klassischen Neubau auf der grünen Wiese."

Die Gesamtherstellungskosten betragen rund vier Mio. Euro. Mit Baukosten von 1600 Euro/m² in den beiden neuen Dachgeschoßen und 580 bis 780 Euro/m² in der Altbausanierung sei man laut Werner Rebernig von der Gesellschaft für Stadt- und Dorferneuerung (GSD), bereits an der Obergrenze der Förderbarkeit angelangt.

"So ein Bauvorhaben ist nicht billig", sagt der Architekt. "Die Planung ist Millimeterarbeit, jedes Eck schaut anders aus, und man muss während des Baus sehr flexibel sein, denn immer wieder treten unvorhergesehene Dinge auf." Die Summe all dieser Faktoren treibe die Kosten in die Höhe.

Finanziert wird das Projekt zu einem Viertel von der Stadt Wien in Form eines Landesdarlehens mit einem Prozent Verzinsung. Für die restlichen 75 Prozent wurde ein Fremddarlehen aufgenommen, das in den nächsten 15 Jahren durch entsprechend hohe Mieten abbezahlt wird. Im konkreten Fall gab es noch einen nicht rückzahlbaren Einmalzuschuss der Stadt von 250.000 Euro.

Mit sechs bis sieben Euro/m² inklusive Mehrwertsteuer und Betriebskosten schlägt eine sanierte Altbauwohnung zu Buche, für eine Maisonnettewohnung im Dachgeschoß mitsamt Balkon und Terrasse zahlt man rund acht Euro/m². "Das sind 510 Euro für eine sanierte 80-Quadratmeter-Wohnung und 800 Euro für eine nagelneue 95-Quadratmeter-Maisonnette", rechnet BWS-Projektleiter Polzer vor. "Diese Kosten sind absolut im Marktdurchschnitt."

Hinzu kommt, dass durch die Förderdarlehen bei Sockelsanierungen der in Neubauten übliche Eigenmittelanteil entfällt. "Viele Familien können sich eine geförderte Neubauwohnung nicht leisten, weil sie bei Einzug nicht Eigenmittel von 300, 400 Euro pro Quadratmeter zahlen können. Die Hürde fällt bei uns weg."

Der ungewöhnlichste Faktor im Haus ist der Mietermix. Mit den 14 Maisonettewohnungen unterm Himmel will man die besser verdienende Mittelschicht ansprechen. In den 38 Bestandswohnungen darunter ist auch etwas fürs knappere Portemonnaie dabei – nicht zu vergessen jene Bewohner, die es bevorzugen, ohne Umbau in ihrer Wohnung zu verbleiben.

Alt oder neu steht zur Wahl

"Es wird niemand zwangsbeglückt", erklärt Polzer. "Wir haben den Mieterinnen und Mietern der alten Kategorie-D-Wohnungen freigestellt, ob sie in eine Kategorie-A-Wohnung wechseln, ob sie die Möglichkeit einer sogenannten Huckepacksanierung für die eigene Wohnung nutzen oder ob sie alles beim Alten belassen wollen." 16 Parteien entschieden sich fürs Huckepackverfahren. In diesem Fall wurden Bad und WC eingebaut, nach Wunsch wurde die Wohnung ans Fernwärmenetz der Stadt Wien angeschlossen.

Die Sockelsanierung in der Taborstraße, nur einen Steinwurf vom Augarten und einen kleinen Fußmarsch vom Donaukanal entfernt, ist kein Einzelfall. Dennoch sind solche Projekte bei den gemeinnützigen Bauträgern aufgrund der komplizierten Planung und Baudurchführung eine Seltenheit. Schade eigentlich, denn hier wird nicht nur in Wärmedämmfassaden und Isolierverglasungen gedacht, sondern auch im gesellschaftlichen Nebeneinander des Lebensbiotops Stadt. Wo sonst leben Penthäusler und Kategorie-D-Mieter unter einem Dach? (Wojciech Czaja, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.5.2011)