Auf der Homepage der Kunsthalle Wien: 60 Spots von Paul Albert Leitner mit dem Titel "Schach Matt". Gerald Matt ist in ebenso vielen Rollen zu sehen.

Screenshot: Kunsthalle Wien Mediazone

Die Grünen brachten Anzeige ein, die VP forderte Dienstfreistellung.

Wien – 2010 wurde bekannt, dass Kärntens Landeshauptmannstellvertreter Uwe Scheuch (FP) geneigt war, einem russischen Investor im Gegengeschäft für ein Investment die österreichische Staatsbürgerschaft verschaffen zu wollen. Nun sind die Sozialdemokraten mit einem ähnlichen Problem konfrontiert: 2007 bis 2009 versuchte Gerald Matt, Direktor der Kunsthalle Wien, für vier Ausländer Staatsbürgerschaften zu erwirken.

Diese Personen – aus Russland, Kasachstan, Indien und Kuwait – waren Matt vom Bregenzer Anwalt Horst Lumper vermittelt worden. Sie seien, so die Salzburger Nachrichten, bereit gewesen, je 1,4 Millionen Euro in eine zu gründende Kunsthalle Wien Privatstiftung einzuzahlen.

Matt ließ seine SP-Verbindungen spielen: Laut Unterlagen, die dem STANDARD vorliegen, sprach er u. a. mit dem ehemaligen Bundeskanzler Alfred Gusenbauer über die Angelegenheit, und er mailte mit Nikolaus Pelinka, dem ehemaligen Pressesprecher von Kulturministerin Claudia Schmied.

Der Deal kam nicht zustande, denn das Gesetz verlangt, dass die außerordentliche Leistung bereits vor Antragsstellung erbracht sein muss. Die Kunsthallen-Mäzene hätten das Geld aber erst nach erfolgter Einbürgerung gezahlt.

Der Vorstand der Kunsthalle bestätigte die Vorgänge: "Wie die Albertina und andere Kulturinstitute auch" habe die Kunsthalle "über die zuständigen Behörden und offizielle Kontakte" die Frage geklärt, "ob außerordentliche Sponsorleistungen an ein öffentlich gefördertes Kulturinstitut zu einer Verleihung der Staatsbürgerschaft aus öffentlichem Interesse – so wie dies bei Leistungen von Sportlern und Künstlern üblich ist – führen kann".

Das Klären der Frage nahm besondere Ausmaße an. Lumper schrieb Matt am 6. Februar 2008: "Einer der vier Kandidaten (...) hat mich kontaktiert und Sie eingeladen, zusammen mit mir nach Kuwait zu fliegen; selbstverständlich würde er sämtliche Kosten übernehmen." Matt antwortete, dass er sich "sehr auf die Einladung nach Kuwait" freue. Am 18. April wurde das Büro Lumper informiert, dass "die Reise nach Kuwait nun doch klappt". Involviert in die Reiseplanung war ein Mitarbeiter der HSBC Private Bank. Am 21. April übermittelte das Büro Lumper das elektronische "Matt-Ticket".

Wolfgang Zinggl, Kultursprecher der Grünen, brachte am Freitag bei der Staatsanwaltschaft Anzeige gegen Matt ein. Er wirft ihm Untreue, Förderungsmissbrauch und unerlaubte Intervention vor. Auch das Wiener Kontrollamt wird sich mit der Causa beschäftigen: Alle Rathausparteien stimmten einem von der VP initiierten Antrag zu, die Gebarung der Kunsthalle zu prüfen.

Isabella Leeb, die Kultursprecherin der Wiener VP, forderte SP-Kulturstadtrat Andreas Mailath-Pokorny auf, "sich nicht länger schützend vor seinen Günstling Matt zu stellen, sondern ihn mit sofortiger Wirkung, bis zur vollständigen Aufklärung aller Vorwürfe dienstfrei zu stellen". Mailath sagte, dass er gegen Vorverurteilungen sei, eine Beurlaubung Matts halte er für nicht sinnvoll. Leeb fragt sich allerdings, ob Mailath nicht seine Pflicht verletzt habe: Er hätte bei Verdacht einer verbotenen Intervention die Staatsanwaltschaft einschalten müssen. (Thomas Trenkler, DER STANDARD – Printausgabe, 30. April/1. Mai 2011)