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Zerstörung: Die Anlage Fukushima wurde massiv beschädigt.

Foto: EPA/TEPCO/HO

Tokio - Die Betreiberfirma des havarierten japanischen Atomkraftwerks Fukushima hat einen Zeitplan für die Bewältigung der Krise vorgelegt. Sechs bis neun Monate soll es nach Aussagen des Betreibers Tepco noch dauern, bis die Reaktoren im zerstörten Atomkraftwerk Fukushima stabilisiert sind. Das gab ein Tepco-Sprecher am Sonntag bekannt. Rund drei Monate werde es allein dauern, die Kühlung der Reaktoren und Abklingbecken zu stabilisieren. In den nächsten drei Monaten solle die austretende Radioaktivität gesenkt werden.

In drei bis sechs Monaten sollen die Lecks, aus denen Radioaktivität austritt, deutlich reduziert werden, sagte Tepco-Chef Tsunehisa Katsumata am Sonntag in Tokio. Danach werde es wohl noch weitere drei bis sechs Monate dauern, "bis wir die radioaktiven Lecks auf ein sehr geringes Maß zurückfahren können", indem die Temperatur in den Reaktoren und in den Abklingbecken für gebrauchte Brennstäbe gesenkt werde. Zudem soll der Reaktor abgedeckt werden.

Vorerst konzentrieren sich die Einsatzkräfte laut Tepco darauf, eine Wasserstoffexplosion in den Reaktoren 1, 2 und 3 zu verhindern, indem Stickstoff hineingepumpt werde. Ein weiterer Schwerpunkt des Einsatzes in der nächsten Zeit sei es, ein weiteres Auslaufen radioaktiv verseuchten Wassers in die Umwelt zu unterbinden. Tepco war von Regierungschef Naoto Kan angewiesen worden, einen Zeitplan für die Bewältigung der Katastrophe vorzulegen.

Experte hegt Zweifel

Der Atomexperte des Darmstädter Öko-Instituts, Michael Sailer, hegt noch Zweifel an der geplanten Stabilisierung binnen sechs bis neun Monaten. "Wenn nichts Weiteres passiert, kann man in der Zeit wohl irgendwelche Kühlkreisläufe wieder funktionsfähig hinstellen", sagte Sailer. "Aber man kann nicht eine Garantie geben in dem Sinne, wir haben in sechs oder neun Monaten einen stabilen Zustand." Dafür gebe es zu viele Risiken.

"Wir sind ja nach wie vor in einem sehr instabilen Zustand", erläuterte Sailer. Wenn weitere Gebäudeteile einstürzten oder größere Mengen Radioaktivität als bisher aus dem Reaktordruckbehälter herausgelangten, "dann sind solche Pläne irreal". Auch sei die radioaktive Strahlung für die Elektronik der Roboter problematisch, die in Fukushima zum Einsatz kommen sollen. "Bisher sind die ferngesteuerten Roboter unter solchen Bedingungen nicht erprobt", sagte Sailer. Allerdings gebe es zu ihnen keine Alternative.

Kritik an Tepco

Sailer kritisierte, dass die Betreibergesellschaft die Bevölkerung nicht umfassend über das Ausmaß der Katastrophe informiert habe. "Tepco hat die reinen Fachinformation schon sauber weitergegeben, aber damit kann natürlich außer Spezialisten niemand etwas anfangen", sagte der Atomexperte. "Was die Informationen wirklich bedeuten hinsichtlich der Gefährdung der Bevölkerung oder Notwendigkeit von Evakuierungen, da denke ich inzwischen, dass da bewusst nur ein Teil der Informationen an die Öffentlichkeit gegeben wurde in einer Form, wie sie die Öffentlichkeit verstehen kann."

USA helfen mit "Operation Tomodachi"

Die USA haben Japan jedenfalls volle Unterstützung beim Wiederaufbau des Landes zugesichert. US-Außenministerin Hillary Clinton versprach nach einem Treffen mit ihrem Amtskollegen Takeaki Matsumoto am Sonntag in Tokio "standhafte Unterstützung". Japan mache eine "multidimensionale Krise beispiellosen Ausmaßes" durch.

Bei einem anschließenden Treffen mit Kan zeigte sich Clinton zuversichtlich, dass Japan den Wiederaufbau aus eigener Kraft bewältigen und auch in den kommenden Jahrzehnten weiter eine große Wirtschaftsmacht bleiben werde. Kan bedankte sich: "Wir werden die US-Unterstützung nie vergessen."

Washington hilft Japans Katastropheneinsatz mit mehr als 20.000 Soldaten, 160 Maschinen der Luftwaffe und 20 Marineschiffen. Der Einsatz trägt den Namen "Operation Tomodachi" (Operation Freund). (APA)