Bild nicht mehr verfügbar.

Clara Luzia bei der Eröffnung des Popfests 2010. Heuer soll organisatorisch vieles besser werden, 36 Bands treten an drei Tagen auf.

Foto: APA/Hochmuth

Robert Rotifer kuratiert das Wiener Popfest.

Foto: Monkey

Standard: Beim ersten Wiener Popfest 2010 gab es einige Anfängerschwächen. Was wird besser?

Rotifer: Heuer gibt es eine höhere Bühne, der Sound, das Sounddesign, wird besser. Der Platz wird nicht zugeballert, es wird zielgerichteter gearbeitet. Das ist besser für die Anrainer und das Publikum. Die Bühne wird überdacht sein, wir hatten ja unglaubliches Glück mit dem Wetter, das soll man nicht herausfordern. Das Brut im Künstlerhaus wird als neue Location dazukommen, der Hof in der Technischen Uni verstärkt benützt werden.

Standard: Wie hoch ist das Budget?

Rotifer: 180.000 Euro kommen dafür von der Stadt Wien.

Standard: Fungiert das regional orientierte Popfest - es treten nur heimische Bands auf - als Feigenblatt für Wien, das dahinter das mumifizierte Jazzfest weiterwursteln lässt und sich um ein internationales Popfestival drückt?

Rotifer: Man kann es Feigenblatt oder Erfüllung eines Auftrags nennen. Nennt man es Feigenblatt, hieße das, der Auftrag sei damit schon erfüllt. Ich bin selbst der Meinung, dass es mehr bräuchte. Aber das ist kein Argument gegen das Popfest. Ich bin froh, dass die Stadt Wien finanziert, sonst wäre die Sponsorenpräsenz wahrscheinlich erdrückend. So ist es leichter, integer zu sein. Ich finde es auch keine Schande, für Popkultur öffentliche Gelder zu verwenden. Zum regionalen Charakter: Eine Idee des Popfests ist es, heimische Bands aus dem Ghetto des Vorband-Slots herauszuholen. Würden wir internationale Bands dazu buchen, wäre das aber wieder so, deshalb nur österreichische Bands.

Standard: Was wäre für Sie ein realisierbares Traumfestival?

Rotifer: Mir gefällt trotz vieler anderer denkbarer Plätze wie der Donauinsel oder dem Praterstern die Idee, das Popfest zentral in die Stadt zu platzieren. Gerade weil die innere Stadt so ein vertrockneter Raum ist und vom Karlsplatz niemand so genau weiß, was der eigentlich sein will. Der Standort hat aber das Problem, dass das Popfest nicht größer werden kann, als es bereits ist.

Standard: Das erste Popfest fand zeitgleich mit dem Donaufestival in Krems statt. Dahinter wurde ein politischer Kleinkampf vermutet: rotes Wien gegen schwarzes Niederösterreich. Diese Überschneidung wiederholt sich.

Rotifer: Das letzte Mal sind wir erst während der Planung draufgekommen, dass es diese Überschneidung gibt, und da war nichts mehr daran zu ändern: Wir sind wie zwei Supertanker aufeinander zu gefahren. Dieses Jahr habe ich Tomas Zierhofer-Kin vom Donaufestival angerufen. Wir haben abgemacht, dass wir uns gegenseitig unterstützen und nicht bekämpfen. Ein Politikum ist das jedenfalls nicht. Das Donaufestival ist ja nicht das Sprachrohr schwarzer Kulturpolitik.

Standard: Wie sieht die Schwerpunktsetzung 2011 aus?

Rotifer: Die Labelporträts habe ich fallen gelassen. Auf meiner Wunschliste sind so viele Bands, die gleichzeitig Label sind, dass das keinen Sinn gemacht hätte. Ich führe eher thematisch zusammen - es gibt mehr Bands aus den Bundesländern. Der Freitag bietet eine HipHop-Nacht - mit einem Störfaktor - Donnerstag und Sonntag werden wilde Mischungen, der Samstag bietet eine Rocknacht auf der Seebühne.

Standard: Das Programm ist Alternative-Music-lastig. Warum tritt keine - sagen wir - Black-Metal-Band auf?

Rotifer: Es gibt Subkulturen, die ihren Weg in der Nische suchen und nicht dazu gedacht sind, in den Mainstream überzuspringen. Bands aus der Alternative-Ecke haben hingegen einen globalen Pop-Anspruch: Ginga etwa. Deren Musik trägt die Utopie in sich, für alle gemacht zu sein. Das ist ein Anspruch, der mir beim Zusammenstellen des Programms wichtig ist. Ich glaube, die Black-Metal-Band hat eine andere Vision.

Standard: Gibt es eine Band, die eine Einladung zum Popfest abgelehnt hat?

Rotifer: Nein.

Standard: Letztes Jahr sind Sie selber aufgetreten. Das wurde kritisiert, wirkte etwas unelegant.

Rotifer: Ich spiele heuer nicht als Rotifer. Ich wollte auch im Vorjahr nicht, aber dann haben einige Leute gesagt: Du spielst eh auch, oder? In dem Moment wusste ich, das wird heikel. Ich habe gesagt, okay, aber ich spiele außer Konkurrenz, beim Brunch am Muttertag, bei dem ordentliche Familienmenschen eh nicht können. Diesen Slot gibt's wieder, den Rabenkinder-Slot. Da wird es eine junge All-Star- oder Misch-Band geben, die mit übersehenen Legenden zusammen auftreten wird, so The Last Waltz -mäßig. Robert Wolf ist da vorgesehen, Peter Henisch, Sigi Maron - da werde ich allerdings mitspielen.

Standard: Wie viele Bands treten insgesamt auf?

Rotifer: 36. Es sollten weniger sein, aber das ist schwierig. Ich bin ja eine geknickte Figur. Ich laufe mit einem Laptop voller unbeantworteter Mails herum. Es gibt so viele Bands, die total berechtigt ins Programm wollen und total ungerecht nicht dabei sein werden, weil es zu viele ähnliche Bands gibt. Das verfolgt mich bis in den Schlaf.

Standard: Gibt es wieder das Rahmenprogramm im Project Space?

Rotifer: Ja, wichtig ist mir, dass die Panels thematisch so sind, dass sie Menschen außerhalb der Branche ansprechen - weniger Business, mehr Pop-Politik: Wo liegt die Aufgabe des Pop heute? Wie funktioniert Kulturaustausch im Pop? Wie reflektieren sich Ethnien im Pop, und wie durchlässig ist da die Wiener Szene. Oder wie sich über Popkultur eine Stadt darstellen lässt. Oder Verteilungsgerechtigkeit im Pop. Dass man auch als Pop-Konsument aufgerufen ist, sich zu überlegen, wie das funktioniert. Ich glaube, daran kommt man nicht mehr vorbei. (Karl Fluch/DER STANDARD, Printausgabe, 23. 3. 2011)