Viele Ausländer sind verstört aus Japan geflohen. Die meisten Japaner aber wirken gefasst, wenn nicht sogar gelassen. Das liegt auch daran, dass sich die japanischen Medien sehr darum bemühen, keine Panik aufkommen zu lassen. Statt Schreckensszenarien füllen kleine Heldentaten und Hoffnungsschimmer die Seiten vieler Zeitungen. Es wird beruhigt und beschwichtigt, so gut es nur irgend geht.

Ein Farbfoto einer alten Dame, die auf dem Rücken eines Rettungshelfers huckepack reitet, ziert die Zeitung "Asahi Shinbun" vom Montag. Die beiden lächeln fast vergnügt. Beim Blättern stößt man auch auf das Bild einer Mutter, die ihr neugeborenes Baby in den Armen hält. Und auf den Mann, der auf dem Dach seines Hauses in den Fluten überlebt hat. Bilder von Toten, Panik und Chaos sucht man vergeblich.

Strahlenwerte im Durchschnitt

Das Wirtschaftsblatt "Nihon Keizai Shinbun" zeigt in seiner aktuellen Ausgabe eine Grafik mit den Strahlenwerten, die am Sonntagmittag am Kernkraftwerk Fukushima Eins gemessen worden sein sollen: Sie liegen demnach unter dem weltweiten Durchschnitt und seien sehr viel geringer als etwa bei einer CT-Aufnahme des Oberkörpers.

In einer anderen Grafik bekommt man Tipps, wie man sich dagegen schützen kann, dass radioaktive Strahlung in den Körper gelangt: feuchtes Handtuch vors Gesicht, Fenster zu, kontaminierte Kleidung entsorgen, duschen. Und es fehlt auch nicht das Foto einer lachenden Frau, die einen geliebten Menschen in die Arme schließt.

Ein Sportblatt überschreibt seine Geschichten mit launigen Sätzen wie: "Stückchen für Stückchen kommen das Lächeln und der Alltag wieder" oder "Ohne die Augen zu schließen, geht's nach vorne".

Öffentlichkeit nicht in Aufregung versetzen

Das mag für uns wie Hohn klingen, wo doch die Lage stündlich verzweifelter aussieht. Man trifft auch immer wieder Japaner, die ihrer Regierung und der Presse vorwerfen, die tatsächliche Gefahr zu verschleiern. "Was in den Nachrichten gesagt wird, ist völlig falsch", meint etwa der 44 Jahre alte Unternehmer und frühere Journalist Yasumitsu Yamada. Er war in den vergangenen Tagen selbst in der Evakuierungszone um die Kernkraftwerke in Fukushima unterwegs. Dort sei er vielen erschöpften und verängstigten Menschen begegnet. Doch die Regierung wolle nicht, dass solche Aufnahmen verbreitet würden. Auch ihn habe die Polizei davon abhalten wollen zu fotografieren.

Eine Erklärung dafür findet sich in der englischsprachigen "Japan Times". Die druckt in ihrer Montagsausgabe auf Seite eins eine Analyse: Es gebe keinerlei Anzeichen dafür, dass die Ereignisse in Japan so schlimm seien wie in Tschernobyl. Im Text ermahnt ein Atomkraftexperte die Medien, die Öffentlichkeit nicht in Aufregung zu versetzen mit Berichten, dass die Lage gefährlich sei. Stattdessen seien ruhige und akkurate Berichte nötig, weil viele Leute übermäßig sensibel auf das Wort Radioaktivität reagierten.

Tatsächlich ist es kaum vorstellbar, was passieren würde, wenn in Japan eine großflächige Panik ausbrechen würde. In Tokio allein leben mehr als zwölf Millionen Menschen - die angrenzenden Städte nicht mitgerechnet. Vor diesem Hintergrund mag man die Beschwichtigungen der japanischen Presse auch tapfer nennen. (APA)