Eigentlich sollten am SMS-Ticket Vor- und Nachname aufscheinen. Streng genommen.

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Es funktioniert ja eh: Wer es wirklich eilig hat, kann sich also tatsächlich im Bus oder Taxi zum Bahnhof schnell und unkompliziert ein Zugsticket per SMS kaufen. Dass das bei manchen Namen nicht so ohne weiteres möglich ist, wurde hier ja neulich (und mit großer Anteilnahme des Publikums) ausführlich beschrieben.

Auf gewisse Fahrgastnamen reagiert der ÖBB-SMS-Ticketserver ein wenig eigen. Weil er sie für Stationsnamen hält, verweigert er die Ticketausgabe. Erstaunlicherweise handelt es sich dabei nicht um Namen wie "Wien", "Linz" oder "St. Pölten". Das Ticket-Tool reagiert auf manche reichlich unspektakuläre Kombinationen aus Vor- und Zunamen absolut unvorhersehbar. Dass dem so ist überraschte (und erheiterte) denn auch bei der ÖBB so manchen Mitarbeiter.

Freilich gibt es Abhilfe - man darf sich als Kunde nur auf keinen Fall so verhalten, wie es einem die per SMS von der Bahn zugeschickte Fehlermeldung samt Verhaltensrichtlinie rät: Die Fehlermeldung fordert nämlich dazu auf, genau das zu tun, was der Ticketcomputer danach umgehend wieder für einen Fehler hält. Wer allerdings bei der Bahn-Presseabteilung anruft, bekommt (nachdem die Pressestelle intern zwei Tage recherchiert hat) den Hinweis auf eine alternative Bestellmethode.

Sternchen

Nebenbei: Diese Anleitung findet sich auch auf der ÖBB-Homepage in der dort vor Kundenzugriffen recht gut versteckten SMS-Ticketkaufanleitung. Bloß: Welcher Kunde kommt auf die Idee, einer per SMS verschickten Handlungsanweisung eines Unternehmens zu misstrauen - und dann auf der Firmen-HP nach dem Plan-B zu suchen? noch dazu, wenn man einen Zug erwischen will?

Egal. Statt der Abstände zwischen den eingegebenen Begriffen (Zug Abfahrtsbahnhof Zielbahnhof Vorname Nachname), heißt es dort, könne man auch Sternchen eingeben. Dann sollte die Übung gelingen. Warum das sinnvoll ist, wissen Techniker - normale Handy- und Smartphoneuser dagegen wissen, dass der Weg zum * komplizierter ist, als der zum normalen Abstandzeichen.

Daher ist der Nachsatz der Pressestelle verständlich: Derlei an Kunden zu kommunizieren sei de facto nicht möglich - erst recht, wenn die hauseigene SMS-Bestellkiste den Kunden ständig dazu auffordert, das zu tun, was die gleiche Kiste dann als falsch ... Und so weiter.

Heureka!

Wie auch immer. Mit Sternderln zwischen den Begriffen funktioniert das Ganze dann tatsächlich klaglos und in Windeseile: Sogar dann, wenn an den Ticketschaltern und den Automaten keine Schlangen gestanden hätten, hätte ich den RailJet nach Wien nie und nimmer erwischt.

Die Freude hielt an, bis der Schaffner kam. Pardon: Der Zugsbegleiter. Dem guten und freundlichen und schwerbeschäftigten Mann schlief ein bisserl das Gesicht ein, als er mein Handy sah. Keine drei Sekunden später wusste ich, warum: Das SMS-Ticket ist nämlich mitnichten ein einscanbares Irgendwas-Logo - sondern besteht aus drei unterschiedlichen Pincodes. Und die muss der Schaffner auf seinem Fahrschein-Kontrollgerät eintippen. Händisch. Im vollen, wackelnden Zug. Während sich ständig Leute an ihm vorbei drücken. Und während der wechselnde Lichteinfall sowie die Energiesparmodi von Handy und Schaffnerkontrollgerät alle paar Augenblicke ein Gerät dunkel werden lassen.

"Wenn das zehn Fahrgäste machen, brauch ich von Salzburg bis Linz, bis ich einmal durch den halben Zug bin", seufzte der freundliche Mann auf meine einschlägige Frage. und setze ein "Das ist Wahnsinn", hinten dran. Ob es denn nicht - so wie auf Flughäfen oder bei 1000 anderen SMS- und Smartphonelösungensinnvoller wäre Scanner und Scancodes zu verwenden, fragte ich. Der Schaffner sah mich traurig an: "Na sicher. Die haben sie uns ja auch versprochen. Das könnte so einfach sein. Wie am Flughafen. Und die Fahrgäste könnten sogar beim Einsteigen ihre Tickets an Lesegeräte halten. das gibt es ja auch alles - aber außer dem Flugzeug-Namen für den Zug ist bei uns schon lange nix wirklich modernisiert worden."

Dreiergruppen

Dann sah er noch einmal auf mein Ticket: Ich möge in Zukunft doch bitte drei Buchstaben meines Vor - und Nachnamen in die Ticketbestellung schreiben. Oder zumindest Vor- und Zunamen. Mein Ticket sei nämlich nur auf meinen Vornamen ausgestellt - und das sei streng genommen falsch,

Ich kramte nach meiner Bestell-SMS: Vorname*Nachname. keine Ahnung, warum mich das SMS-Tool duzt. Der Schaffner war wohl den Tränen nah: "Und jetzt stellen sie sich mal vor, wie es uns geht, wenn ein Fahrgast uns bittet, ihm bei der SMS-Bestellung zu helfen: Abgesehen davon, dass jedes Handy anders funktioniert, scheitern wir dann am System. Das funktioniert so oft einfach nicht. " Er sah mich traurig an. Ob das dem Unternehmen denn egal sei, fragte ich ihn noch - und bereute es sofort: Der Blick des Schaffners war der eines Mannes, der überlegt, ob er gerade vom Bewohner eines anderen Sterns gebeten wurde, ihn doch bitte nach Alpha Centauri zu beamen.

Kein Beleg

Der gute Mann hatte dann noch eine Botschaft: Sollte ich das Ticket einer Spesenrechnung beilegen wollen, müsse ich leider auf die nächste Handyrechnung warten. Und die meinem Arbeitgeber überreichen. Und falls der keinen Auszug akzeptiert, auf dem das Umfeld eingeschwärzt sei, sei das Pech. Denn er könne mir keinen Beleg ausdrucken, der als Rechnung gelte. Aber ich könne es ja mit einem Screenshot versuchen, den ich mir selbst maile - und dann ausdrucke.

Der freundliche Schaffner seufzte. Am Zug, verriet dieses Seufzen, könne das Personal eben nur eines tun: Für den Unfug aus Stabstellen und Agenturen hochbezahlter Berater den Kopf hinhalten. Und versuchen, trotzdem freundlich zu sein. Also zeigte der Schaffner noch auf die vor dem Fenster vorbeiziehende Salzburger Seen- und Frühlingslandschaft: "Lehnen Sie sich zurück und genießen sie den Ausblick - das hier ist der schönste Teil der ganzen Westbahnstrecke." (Thomas Rottenberg/derStandard.at/14.03.2011)