Manchmal ist halt auch das Timing blöd. Da gehen am Wochenende mehr als 100 Organisationen auf die Straße, um gegen die geplanten Einsparungen im Pflege- und Sozialbereich zu protestieren - und gleichzeitig beschließt die Regierung nonchalant, den Assistenzeinsatz des Bundesheeres an der Ostgrenze noch einmal zu verlängern. Kostenpunkt 12,5 Millionen Euro.

Oder: Die Stadt Graz pfeift finanziell aus dem letzten Loch, es drohen drastische Kürzungen im Sozialbereich, doch Veranstaltungen bestimmter Verlage, von denen man sich Wohlwollen erhofft, werden großzügig unterstützt.

Oder: Das Kärntner Gesundheitswesen kracht, dank der Misswirtschaft beim Bau des neuen Landeskrankenhauses, wie eine Kaisersemmel - aber für Manager-Workshops ist nichts zu teuer, nicht einmal das Schlosshotel in Velden.

Allen Beispielen gemein ist: Gespart wird, wo man kaum Widerstand erwartet. Ansonsten macht man weiter wie immer. Und eine abgehobene Polit- und Funktionärskaste verliert dabei jedes Augenmaß. Was seit gut 20 Jahren so sperrig wie unergiebig unter dem Titel "Bundesstaatsreform" diskutiert wird, ist dringender vonnöten denn je. Es geht um mehr Treffsicherheit, kritisches Überdenken staatlicher Ausgaben und letztlich mehr Gerechtigkeit. Stattdessen beflegeln Bund und Länder einander mit Verve, und alles bleibt so, wie es ist. Das ist weder sozial noch ökonomisch sinnvoll. Politisch klug ist es schon gar nicht. (Petra Stuiber/DER STANDARD-Printausgabe, 30.11.2010)