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Schloss Eggenberg ist Weltkulturerbe.

 

Wissen: Anleitung zum Unesco-Welterbe

Jedes Land, das den Unesco-Vertrag ratifiziert hat, hat das Recht, pro Jahr eine seiner Bauwerke, Städte oder Kulturlandschaften als Weltkulturerbe vorzuschlagen. Mit Stichtag 1. Februar muss dieser Vorschlag in der Unesco-Zentrale in Paris eintreffen. In dem Vorschlag muss die Stätte beschrieben und erklärt werden, wie der Staat beabsichtigt, sie zu schützen und zu erhalten.

Ist der Antrag vollständig, besichtigt eine Kommission im Auftrag der Unesco die Stätte. Aufgenommen werden nur Orte, die einen "universellen Wert für die Menschheit" darstellen und in der Form noch nicht auf der Liste vertreten sind. Bei der jährlichen Konferenz stimmen 21 gewählte Delegierte über die Aufnahme ab.

Österreich ratifizierte denVertrag 1992 und hat derzeit acht Welterbestätten: die Altstädte von Wien, Graz und Salzburg, Hallstatt, die Wachau, den Neusiedler See, Schönbrunn und dieSemmeringbahn. (tob)

Foto: APA

Der Titel "Welterbe" ist heiß begehrt, sein Nutzen umstritten.

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Australische Gefängnisse, eine Straße in Mexiko und ein Grazer Barockschloss haben seit Dienstag eine Gemeinsamkeit: Sie gehören zum Unesco-Weltkulturerbe. Am Dienstag endete die 34. Unesco-Konferenz in Brasilia, 21 Stätten wurden neu aufgenommen, sieben wurden erweitert. Österreichs neues Welterbe, das 1625 erbaute Schloss Eggenberg, ist eine Erweiterung des Welterbes Grazer Altstadt.

Die elf australischen Straflager wurden im 18. und 19. Jahrhundert errichtet, als Großbritannien Australien noch als Strafkolonie nutzte. In den Anstalten sollten die Menschen durch harte Arbeit und Disziplin resozialisiert werden. Das Modell diente laut Unesco zahlreichen europäischen Strafsystemen als Vorbild.

Die Silberstraße in Mexiko führt 2400 Kilometer von Mexiko-Stadt bis nach Texas und New Mexiko. Ab dem 16. Jahrhundert wurde über sie Silber transportiert, dass nach Europa verschifft wurde.

Jedes Jahr treffen sich Delegationen aus 180 Ländern, um zu beraten, was neu dazukommen soll zum Erbe dieser Welt - und was wieder von der Liste fliegt. Weltweit sind derzeit 911 Stätten geschützt, der Großteil in Europa.

Das Weltkulturerbe schafft immer wieder, was sonst nicht viele Ehrentitel schaffen: Es regt auf. Die Unesco argumentiert mit dem "Schutz der universellen Werte der Menschheit", Kritiker sprechen von Stillstand und Fortschrittsverweigerung.

Jahrelang stritten die Dresdner wegen der über die Elbe führenden Waldschlösschenbrücke, die dem Elbtal 2009 den Titel kostete. "Eine Schande für Deutschland", schrieb der Spiegel. Nur ein Antilopenschutzgebiet im Oman war davor schon von der Liste gestrichen worden, auf Antrag des Staates - in dem Gebiet war Öl gefunden worden.

Istanbul bleibt Welterbe

Heuer bangten manche Istanbuler vor der Konferenz, andere hofften auf eine Befreiung von einer Bürde: Wegen einiger Neubauprojekte in der Altstadt und einer geplanten U-Bahn-Brücke über das Goldene Horn wollte die Unesco den Titel aberkennen. Am Wochenende einigten sich Vertreter der Stadt und die Weltdenkmalschützer auf einen vorläufigen Kompromiss: Die Brücke bleibt, ihre Stützen müssen aber kürzer werden, um die Silhouette der Stadt nicht zu stören.

Geld bringt der Titel nicht. Die Unesco zahlt nicht für die Erhaltung und macht auch keine Werbung für das Welterbe. Nur für Notfälle - etwa Naturkatastrophen - gibt es einen Fonds, aus dem Hilfsmittel gezahlt werden. "Indirekt sorgt es aber für eine größere Bekanntheit", sagt Gabriele Eschig vom österreichischen Unesco-Komitee. "Die Motivation, einzureichen, ist meist, dass man beweisen will, das man unter den Weltmeistern mitspielt." Der Andrang ist so groß, dass Länder seit einigen Jahren nur mehr eine Stätte pro Jahr nominieren dürfen.

Konflikte gibt es auch in Österreich: In Wien stören geplante Hochhäuser die Skyline. In Graz, dass den Titel unter anderem wegen seiner geschlossenen Dachlandschaft bekommen hat, bedrohen Dachausbauten immer wieder das Gesamtbild, erklärt Eschig.

Ist der Titel den Aufwand wert? "Die Frage nach dem Nutzen ist die falsche Perspektive" , meint Wilfried Lipp, der für die Unesco Gutachten über die schützenswerten Objekte erstellt. "Es geht hier um den Schutz und die Erhaltung." Auch dass moderne Architektur nur schwer mit dem Weltkulturerbe-Status vereinbar sei, weist er zurück: "Das ist Unsinn, dafür müssten Sie doch erst einmal definieren, was modernes Bauen ist" , sagt er. "Es gelten an solchen Orten eben andere Maßstäbe. Sehen Sie sich Wien an, da geht es ja auch."

DerTitel bringe vor allem Aufmerksamkeit und Bewusstsein für die geschützten Objekte. Für bereits etablierte Reiseziele wie Wien oder Graz sei der Nutzen für den Tourismus gering, aber: "Es ist dort enorm wichtig, wo touristisches Neuland betreten wird". (Tobias Müller, DER STANDARD/Printausgabe, 04.08.2010)