"Aerosole sind für Klimamodelle wie der Staubzucker auf einer Torte", vergleicht Michael Staudinger und unterstreicht damit die Bedeutung österreichischer Beiträge zur globalen Klimafolgenabschätzung. Der neue Direktor der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik ist davon überzeugt, dass Aerosolmessungen am Sonnblick in Verbindung mit einer 120-jährigen Messreihe meteorologischer Größen aus dem Hochgebirge für vernetzte Klimaprognosen kleine Schätze darstellen.

Ähnlich ist seine Einschätzung in Bezug auf die österreichische Weltraumforschung. Die sei eben auch ohne Raketenbasis möglich und sinnvoll, wenn stets die besten Köpfe wertvolle Teilaspekte in ein größeres Ganzes einbringen können. Das sieht er etwa im Fall des Projekts "Rebecca" gegeben, bei dem die Daten von geostationären und Polarbahnsatelliten kombiniert werden, damit den Meteorologen - vereinfacht ausgedrückt - bessere Bilder für bessere Prognosen zur Verfügung stehen.

Und dass ein Land wie Österreich, das nicht zu den größten Erdbebengefahrgebieten zählt, die Erdbebenforschung dennoch vorantreibt, hat durchaus vergleichbare Hintergründe: Von der Ergänzung und Korrektur des Österreichischen Erdbebenkatalogs der ZAMG für den kaum dokumentierten Zeitraum zwischen den Jahren 1000 und 1589 dürfe man sich langfristig auch eine Verbesserung der Prognoseleistung erhoffen. Der Input, der von österreichischen Forschern zu einer früheren Vorhersagbarkeit für Erdbeben kommt - aktuell liegt sie ja nur bei wenigen Stunden bis Tagen -, könne dabei auch international wertvoll sein.

Multidisziplinär seit 1851

Mit "allerhöchster Entschließung vom 23. Juli 1851" bewilligte Kaiser Franz Joseph von Beginn an nicht nur die Errichtung des ältesten meteorologischen Dienstes der Welt, sondern bereits damals den Aufbau einer multidisziplinären Forschungseinrichtung. Als erweiterter Forschungscluster des Bundesministeriums für Wissenschaft und Forschung setzt die ZAMG diese Ausrichtung fort. Die Forschungs- und Entwicklungsbereiche sind aktuell in vier großen Feldern organisiert: Die Abteilung Synoptik beschäftigt sich mit der Auswertung von Satelliten- und Radardaten in Hinblick auf eine Anwendung in der Vorhersage.

Zentrale Aufgabe der Klimatologie ist es, mit 200 Wetterstationen das Klima in Österreich zu beobachten. Der Datenschatz aus dem Hochgebirge ist für das Verständnis des globalen Klimawandels von großer Bedeutung.

Eine der ältesten Abteilungen ist jene der Geophysik. Ihr Gründer Karl Kreil, zugleich erster Direktor der Zentralanstalt, führte bereits 1846 geomagnetische Vermessungen durch. Anlässlich des Erdbebens in Ljubljana im Jahr 1895 wurde der Österreichische Erdbebendienst gegründet.

Die modernere Umweltmeteorologie befasst sich mit der Ausbreitung von Schadstoffen in der Atmosphäre und den meteorologischen Prozessen, die Einfluss auf die Schadstoffausbreitung haben.

Basis der Tätigkeit der ZAMG ist es, der Öffentlichkeit Daten zur Verfügung zu stellen. (saum, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 7. Juli 2010)