Shenzhen/Hongkong - Nach einer Serie von Selbstmorden von Beschäftigten in China greift der weltweit größte Elektronikhersteller Foxconn zu drastischen Mitteln: Die Beschäftigten erhielten einem Pressebericht zufolge einen Brief, in dem sie sich schriftlich verpflichten müssen, sich nicht selbst zu töten. Gebäude des Unternehmens wurden mit Netzen verhängt, um Todesstürze zu verhindern. Seit Beginn des Jahres haben sich bei dem Hersteller des iPhone bereits zehn Arbeiter das Leben genommen. Arbeitsrechtsorganisationen machen den hohen Druck bei gleichzeitig schlechter Bezahlung verantwortlich. Foxconn produziert unter anderem für Apple, Hewlett Packard oder Dell.

Die "Southern Metropolis Daily" druckte am Mittwoch ein Foto des Briefes an die Angestellten. "Ich verspreche, mich oder andere niemals in einer extremen Form zu verletzen", heißt es darin. Die Beschäftigten erlauben mit ihrer Unterschrift dem Unternehmen, sie "zum eigenen Schutz und dem anderer" in eine psychiatrische Klinik zu schicken, sollten sie in einer "anormalen geistigen oder körperlichen Verfassung sein".

Apple hat ein Auge drauf

Foxconn-Gründer Terry Gou flog am Mittwoch in seinem Privatjet und begleitet von Journalisten in die Sonderwirtschaftszone Shenzhen, wo das Unternehmen allein 300.000 Menschen beschäftigt. Vom dortigen Werk hatten sich neun Arbeiter in den Tod gestürzt.

Die "South China Morning Post" zitierte am Mittwoch eine 21-jährige Foxconn-Arbeiterin, sie müsse an sechs Tagen pro Woche jeweils zwölf Stunden arbeiten. Die Stimmung im Werk sei "eng und erdrückend", die Angestellten dürften nicht miteinander sprechen. Eine andere Arbeiterin berichtete vom hohen Tempo: Sie müsse täglich Tausende von Computerplatinen für elektronische Geräte prüfen. Ihr monatlicher Lohn betrage 2.000 Yuan (240 Euro).

Apple und Hewlett-Packard, die wie andere Weltkonzerne bei Foxconn ihre Produkte fertigen lassen, haben nach Presseberichten ihre eigenen Untersuchungen in die Arbeitsbedingungen eingeleitet. Einige Arbeiteraktivisten in Hongkong haben bereits zum Boykott des neuen iPhones aufgerufen, das bei dem Unternehmen hergestellt wird. Foxconn beschäftigt in China 800.000 Mitarbeiter. In dem Werk in Shenzhen arbeiten allein mehr als 300.000 Menschen. Viele leben isoliert in Wohnheimen auf dem Werksgelände, das wie eine kleine Stadt ist.

Boykott-Aufrufe

Die chinesische Regierung äußerte am Mittwoch in Peking ihre Sorge über die Todesfälle und hob die besondere Verantwortung von Arbeitgebern für ihre Mitarbeiter hervor. Firmen aus Taiwan seien in China willkommen, sagte Yang Yi, Sprecher des Taiwanbüros des Staatsrates in Peking, fügte aber hinzu: "Wir hoffen auch, dass die Arbeitgeber sich um ihre Beschäftigten kümmern."

Die Selbstmorde haben eine heftige Diskussion über die Arbeitsbedingungen und den als "militärisch" beschriebenen Managementstil bei Foxconn ausgelöst. "Foxconn mag kein Ausbeuterbetrieb in dem Sinne sein, dass er seine Beschäftigten körperlich missbraucht oder sie zwingt, Überstunden zu machen", kommentierte die Zeitung "China Daily". "Aber das bedeutet weder, dass sie ausreichend menschliche Fürsorge für ihre Beschäftigten zeigen noch impliziert es, dass sie genug tun, um eine Unternehmenskultur zu pflegen, die den Beschäftigten hilft, ein gesünderes Gleichgewicht zwischen Arbeit und Leben zu finden."  (APA)