Android spielte eine der zentralen Rollen bei der diesjährigen Google I/O

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Froyo bringt weitere dezente Änderungen am User Interface von Android, neben dem Launcher gibt es nun auch einen Schnellzugriff auf Telefonie und Browser.

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Informationen lassen sich vom Browser direkt an das Smartphone schicken.

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Künftig soll es eine neue Musikanwendung geben, die Lieder direkt vom eigenen Rechner streamen können soll.

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Zu den wichtigsten Neuerungen von Android 2.2 gehört die Möglichkeit Anwendungen auf die SD-Karte auszulagern.

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Hohe Erwartungen wurden im Vorfeld der Google I/O an die zentrale EntwicklerInnenkonferenz des Softwareherstellers gestellt, vor allem in Hinblick auf die Zukunft des mobilen Betriebssystems Android kursierten im Vorfeld bereits zahlreiche Gerüchte. Spekulationen von denen sich in der Donnerstags-Keynote viele erfüllen sollten - und doch hatte Google bei der offiziellen Vorstellungen von Android 2.2 "Froyo" noch die eine oder andere Überraschung für das mobile Betriebssystem parat.

Speed

Einen absoluten Schwerpunkt der aktuellen Entwicklung hat man dabei auf die weitere Verbesserung der Performance gelegt, dies gleich an mehreren Fronten. So verwendet die Android-Java-Engine Dalvik nun einen Just-in-Time-Compiler, der zum Teil einen erheblichen Geschwindigkeitszuwachs mit sich bringt. Google selbst beziffert diesen je nach angelegtem Benchmark zwischen Faktor 2 und 5, eine Einschätzung, die auch erste unabhängige Messungen zu bestätigen scheinen.

Beispiele

Natürlich rechnen sich so Benchmarkergebnisse nicht 1:1 auf die reale Performance eines Geräts um, immerhin ist die Java-Geschwindigkeit zwar eine wichtige aber eben nicht die einzige ausschlaggebende Komponente. Insofern bemühte sich Google auch reale Auswirkungen zu visualisieren, dies anhand der Demonstration eines Spiels, das bei Android 2.2 kontinuierlich über 30 Frames pro Sekunde blieb, während die Framerate bei Android 2.1 mit steigender Komplexität zusehends einbrach.

Javascript

Ein weiteres Puzzlestück in den Beschleunigungsanstrengungen ist die Integration der Javascript-Engine V8, wie sie auch bei Googles eigenem Chrome-Browser zum Einsatz kommt. Hieraus ergibt sich im Sunspider-Benchmark ein zwei- bis dreimal besserer Wert.  Optimierungen hat man zudem an der Speicherorganisation des Systems vorgenommen, die Rückgewinnung des Speichers ("Memory Reclaim") soll nun erheblich besser funktionieren als bisher, die NutzerInnen sollen dies vor allem an einem flotteren Wechsel zwischen den Anwendungen merken. Auch an der Bootzeit von Android soll weiter gefeilt worden sein.

Tethering

Bereits vorab durchgesickert war, dass Android 2.2 die Möglichkeit das Sharens der Internetverbindung ermöglichen soll, und dies auf mehreren Wegen. Da wäre einmal das Tethering per USB-Kabel, ein Feature, das man interessanterweise nur im Zuammenspiel mit Windows und Linux verspricht, Mac-Support wird bei Google bislang nicht erwähnt. Etwas anders die WLAN-Hotspot-Funktionalität, diese zeigte man gleich im Zusammenspiel mit einem iPad und verwies dabei darauf, dass man so auch Apple-Tablets ohne 3G-Support mithilfe von Android zu einer UMTS-Verbindung verhelfen könne - übrigens bei weitem nicht der einzige Seitenhieb auf Apple an diesem Abend.

Ablauf

Was vorab noch nicht bekannt war: Zum WLAN-Hotspot am Android-Smartphone können sich gleichzeitig bis zu acht Geräte verbinden, zudem gibt es WPA-PSK-Verschlüsselung zur Absicherung der Verbindung. Erst in der Pressekonferenz nach der Präsentation präzisierte man dann einen Punkt, der die Tethering-Vorfreude bei manchen NutzerInnen etwas dämpfen dürfte: Ob diese Funktionalität angeboten wird, hängt in letzter Konsequenz vom anbietenden Mobilfunkbetreiber ab, bleibt also noch abzuwarten, wie sich diese Einschränkung in Zukunft auf einzelne Geräte/Provider-Kombinationen auswirken wird.

Anwendungsinstallation

Mit Android 2.2 räumt Google einen der am häufigsten aufgebrachten Kritikpunkte am eigenen System aus: Anwendungen lassen sich nun auch auf die SD-Karte installieren - etwas das bislang nur mit diversen Hacks möglich war. Eine Funktion, über die sich vor allem jene NutzerInnen freuen werden, die schon mal an die Grenze des internen Speichers gestoßen sind. Von Haus aus funktioniert dies so, dass Programme dann automatisch auf die SD-Karte gespeichert werden, wenn der interne Platz voll ist, zudem können die NutzerInnen aber Programme auch gezielt auslagern. Weiters haben EntwicklerInnen über neue Programmierschnittstellen die Möglichkeit explizit einen Platz auf der SD-Karte anzufordern.

Automatisch

Apropos Anwendungsinstallation, hier bringt Google eine erhebliche Erleichterung für jene, die von ständigen Anwendungsupdates genervt sind. Eine Auto-Update-Funktion aktualisiert - optional - die Programme selbsttätig, lediglich wenn sich die Sicherheitsberechtigungen eines Programms ändern, müssen die NutzerInnen dann noch manuell eingreifen. Zudem können nun alle anstehenden Upates in einem Rutsch erledigt werden.

Push

Eines des wahren - und unerwarteten - Highlights der Android 2.2-Ankündigung versteckt sich hinter dem Begriff "Android Cloud to Device Messaging", damit lassen sich Informationen unterschiedlichster Art vom Webbrowser an ein verbundenes Android-Smartphone schicken - und dort diverse Events auslösen. Die Mächtigkeit dieser Funktion lässt sich am Besten an konkreten Beispielen verdeutlichen: So ist es etwa möglich einen gerade im Web gefundenen Artikel direkt über den Browser an das Mobiltelefon weiterzureichen - dort wird automatisch die entsprechende Seite aufgerufen und dargestellt. Ähnlich lässt sich auch die Suche nach einem konkreten Ort im Desktop-Browser vornehmen und dann für die mobile Nutzung an das Smartphone schicken, wo gleich Google Maps mit den zugehörigen Informationen aufgerufen wird. Diese "Android Intents" sind dabei keineswegs auf Google-Anwendungen beschränkt, die entsprechenden Funktionen können auch von anderen Programmen genutzt werden.

Flash

Nach all den Diskussionen im Vorfeld - und dem aktuellen Konflikt zwischen Adobe und Apple - beinahe schon etwas unterzugehen schien die Flash-Ankündigung. Insofern in aller Kürze: Ja, Android 2.2 wird Flash 10.1 unterstützen, darüber hinaus wird es von Adobe auch AIR zur alternativen Anwendungsentwicklung geben.

UI

Relativ moderat geben sich dagegen die Änderungen im User-Interface-Bereich aus: Immerhin gibt es am Home-Screen nun neben dem Knopf für den Anwendungsstarter auch den Schnellzugriff auf die Telefon- und Browserfunktionen von Android. Ebenfalls neu ist ein Widget, das nützliche Tipps über die Nutzung des Systems gibt. In der Gallerie lässt sich nun mit der Pinch-Geste in Bilderstapel hineinzommen, die Fotoanwendung hat ein überarbeitetes Interface spendiert bekommen, Videos lassen sich nun auch mit Flash-Licht aufnehmen.

Backup

Wer sein Gerät schon einmal auf den Werkzustand zurückgesetzt - oder auch auf ein neueres Android-Gerät gewechselt - hat, wird den mühsamen Akt der Neueinrichtung aller Anwendungseinstellungen kennen. Um dies zu verhindern stellt Google externen Programmen nun eine Backup-API zur Verfügung, über das die zentralen Einstellungen abgespeichert und nach einem Neu-Flashen wieder hergestellt werden können. Erweitert hat man die Möglichkeiten der Spracheingabe, über neue APIs kann diese Funktion besser aus eigenen Anwendungen genutzt werden.

Enterprise

Einige neue Funktionen sollen die Verbreitung von Android im Enterprise-Bereich befördern. So können per Exchange nun diverse Sicherheitspolicys eingefordert werden, darunter etwa die Nutzung einer Bildschirmsperre. Für diese unterstützt Android neben Gesten nun Zahlencodes oder auch vollständige Passwörter. Sollte ein Gerät verloren gehen, können Exchange-AdministratorInnen zudem aus der Ferne die darauf enthaltenen Daten löschen. Weiters gibt es eine Auto-Discovery-Funktion, die die Einrichtung von entsprechenden Mail-Accounts erleichtern soll, Exchange-Kalender werden nun ebenso unterstützt wie die "Global Address Lists" solcher Server.

Tastatur

Vor allem für mehrsprachige NutzerInnen nett: Android 2.2 kann nun zwischen mehreren Tastatur-Layouts wechseln, hier reicht eine Swipe-Geste über die virtuelle Space-Taste. EntwicklerInnen profitieren von einem Bug-Reporting-Feature: Lassen die UserInnen dies zu, werden bei Abstürzen Fehlerberichte generiert, die die EntwicklerInnen über ihren Android-Market-Zugang einsehen können. Mit "Froyo" aktualisiert man zudem die Linux-Basis des Systems, der Kernel ist nun in der Version 2.6.32 enthalten.

Offen

Bei all den Neuerungen darf allerdings nicht übersehen werden, dass Google in einem zentralen Bereich auch jegliche Antwort schuldig blieb: Wie man mit der zunehmenden Fragmentierung der Plattform in eine Vielzahl von installierten Android-Versionen begegnen will, bleibt weiterhin vollständig offen.

Auslieferung

Ebenso unklar ist derzeit, wann Android 2.2 auf bestehende Geräte kommen soll, den Beginn wird hier wohl Googles eigenes Nexus One machen, über das es am Rand der Google I/O - inoffiziell - hieß, dass ein Update in den nächsten Wochen folgen soll. Bei HTC reagiert man auf die Froyo-Ankündigung ebenso flott wie vage: Zumindest für jene Geräte, die man heuer auf den Markt gebracht hat wird es "äußerst wahrscheinlich" ein Update geben, dieses soll dann irgendwann in der zweiten Jahreshälfte folgen, konkreteres will man erst etwas näher zum Veröffentlichungszeitpunkt sagen. Was mit älteren HTC-Geräten - oder auch jenen von anderen Herstellern - passiert, ist derzeit hingegen noch offen. Lediglich zum ältesten Smartphone der Android-Riege - dem T-Mobile G1 - hat man sich Hersteller HTC am Rande der Konferenz geäußert - dies mit einer strikten Absage. EntwicklerInnen können sich hingegen umgehend mit den neuen Möglichkeiten von Android 2.2 vertraut machen, das zugehörige Software Development Kit steht bereits zum Download.

Ausblick

Die nächste Version nach Froyo soll sich übrigens "Gingerbread" nennen, und offiziell wahrscheinlich als Android 3.0 firmieren. Aufgrund einer Randbemerkung im FAQ zum freien Videoformat WebM ist auch klar, dass man für dessen Veröffentlichung derzeit das vierte Quartal 2010 anvisiert. In der Keynote bei der Google I/O zeigte man auch gleich die eine oder andere Funktion, die eher in den Gingerbread-Timeframe fallen. Dazu gehört etwa die Möglichkeit Anwendungen im Android-Market auszusuchen, die dann selbsttätig am Smartphone installiert werden. Auch einen eigenen Musikstore soll der Market bekommen - dies samt der Möglichkeit Lieder vom lokalen PC auf das Mobiltelefon zu streamen, hierfür hat man unlängst SimplifyMedia übernommen.

HTML5

Zudem will man mit Gingerbread auch das gerade erst gestartete offene Videoformat WebM unterstützen und den HTML5-Support erheblich erweitern. Darunter fällt der Zugriff auf Hardwarefunktionen der Smartphones aus dem Browser heraus, etwa Lagesensoren, Kamera oder Spracheingabe. (apo, derStandard.at, 2010)