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Geht es nach den Grünen soll eine monatliche "Kultur Flat Rate" die Urheberrechtsprobleme im Internet lösen.

Der Kultursprecher der Grünen, Wolfgang Zinggl, ist am Donnerstag, von 12.30 bis 13.30 zu Gast im Chat.

 

Foto: AP Photo/Archiv; Montage

Die Grünen haben in einem Entwurf zu ihren Überlegungen über die Zukunft des Urheberrechts veröffentlicht. Ins Zentrum der medialen Aufmerksamkeit ist die angedachte Einführung einer "Cultural Flat Rate" gerückt. Mit Hilfe "eines geringen monatlichen Aufschlags auf die Online-Gebühren" sei eine "geeignete Anpassung an die digitale Revolution" möglich. Diese Gebühr soll "ausschließlich nicht kommerzielle Vervielfältigungsvorgänge legalisieren".

Damit will die Partei der momentanen Rechtsunsicherheit von Tauschbörsennutzern entgegenwirken. In der Vergangenheit kam es immer wieder zu Massenabmahnungen seitens der Medienindustrie gegen Privatpersonen. 

"Gerechte Verteilung"

Gleichzeitig soll mit der Gebühr eine gerechte Einnahmenverteilung unter den Künstlern und Urheberrechtsinhabern erfolgen. Welche Branchen (Musik, Filme, Fernsehserien, Bücher, Computerspiele, Software etc.) von der Flat Rate eingeschlossen würden, müsse Gegenstand von Verhandlungen sein. Die Grünen plädieren in jedem Fall darauf, dass die Administration und Verteilung der Einnahmen aus der Flat Rate "über die nationalen Verwertungsgesellschaften" erfolgen soll. Da sie "keine wirtschaftlichen Eigeninteressen" haben und "daher Garanten für das Bemühen um eine gerechte Aufteilung der Gelder" sind. Der Verteilungsschlüssel müsse ebenfalls ausgehandelt werden.

Aus Sicht der Internet-Nutzer müsse garantiert werden, dass die Erhebung der Daten, die der Verteilung der Einnahmen zugrunde liegen, "anonym und datenschutzrechtlich einwandfrei" erfolge.

"10 Euro pro Monat"

Den Grünen nach sei die Einführung einer derartigen Gebühr "durchaus mit dem europäischen Rechtssystem vereinbar", wenngleich "Änderungen am nationalen Urheberrecht" sowie eine "Anpassung der sogenannten EU-Info-Richtlinie" erfolgen müssten.

Bei der Höhe der monatlichen Abgabe will man sich nicht dezidiert festlegen. Um die zu erwartenden "finanziellen Einbußen in der Musik- und Filmindustrie" auszugleichen, rechnet man beispielhaft mit einer "Flat Rate in Höhe von 10 Euro pro Breitbandanschluss pro Monat". Dies würde eine jährliche Verteilung von 180 Millionen Euro ermöglichen und damit entstandene Wettbewerbsnachteile - insbesondere für kommerzielle Downloadportale, aber auch beim Verkauf traditioneller Medien wie CDs und DVDs - "zumindest teilweise ausgleichen". 2008 setzte die Tonträger- und DVD-Industrie rund 400 Millionen Euro um.  

"Forcierung alternativer Lizenzierungsformen"

Die Grünen wollen es aber nicht bei einer "Kultur Flat Rate" belassen und fordern grundsätzliche Änderungen am Urheberrecht. So drängt man auf eine "Forcierung alternativer Lizenzierungsformen" wie der Creative Commons, um Werke für die nicht-kommerziellen Nutzung freigeben zu können. Einher gehe damit auch die "Forcierung der Digitalisierung von bibliothekarischen und archivalischen Beständen". Bestände sollen online zugänglich gemacht werden und nicht mehr produzierte Inhalte schneller digitalisiert und der Allgemeinheit zur Verfügung gestellt werden. Für Bildungszwecke sei die "Ausweitung des Katalogs der freien Werknutzung" erforderlich.

Um den Zugang zu künstlerischen Werken zu vereinfachen, sehen die Grünen auch eine "Verkürzung der Urheberrechts-Schutzfristen" vor. Bislang besteht das Urheberrecht auf Werke noch 70 Jahre nach dem Tod der UrheberInnen. Dies nütze zwar den RechtsnachfolgerInnen, behindere aber gleichzeitig den freien Zugang zu einem riesigen Korpus an (künstlerischen) Werken. Dies sei insbesondere dann nicht nachvollziehbar, wenn die Werke unter massivem finanziellen Einsatz der öffentlichen Hand geschaffen wurden.

Schutz der Künstler

Im Hinblick auf die gerechte Einnahmenverteilung zwischen Verlegern und Künstlern fordern die Grünen die "Einführung eines effektiven Urhebervertragsrechtes". Denn in den meisten Fällen "bleibe den Kreativen aufgrund ihrer schwächeren Position und ökonomischen Abhängigkeit nichts anderes übrig, als die Vertragsvorschläge von Verlagen, Galerien oder Rundfunkanstalten zu akzeptieren". Ein Urhebervertragsrecht, "etwa nach deutschem Vorbild", könne hier Abhilfe schaffen, indem es gesetzlich festschreibt, dass "UrheberInnen für jede Nutzung des Werkes eine je nach Art und Umfang der Nutzung angemessene Vergütung zusteht". Zugleich hätten die Interessenvertretungen in Verhandlungen gemeinsame Vergütungsregeln festzulegen. Dieses Vorgehen würde Dumping-Praktiken wirkungsvoll unterbinden. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 5.5.2010)