Bis 1. April muss der ORF dem Nationalrat berichten, wie er seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag im Vorjahr erfüllt hat. Auch heuer nennt der Gebührensender Formate als Beweis für Anspruch, die ebenso im Privatfunk laufen.

Der ORF wird immerhin über die Jahre vorsichtiger in der Argumentation: 2008 musste etwa der Hollywoodfilm Troja als Nachweis herhalten, dass im ORF in den zwei Testwochen für den Bericht "jedenfalls in den Hauptabendprogrammen in der Regel anspruchsvolle Sendungen zur Wahl" standen. Heuer fehlt Hollywood in der Liste.

Dafür weist den Anspruch laut Bericht gleich an zwei Tagen die Millionenshow nach, formatgleich in RTL. Ebenso an zwei Tagen Dr. House. Die "in der Fachwelt anerkannte, mehrfach ausgezeichnete Ärzteserie" (ORF-Bericht) zeigt ebenso RTL, nur ohne Gebühren. Als Nachweis nennt der ORF auch die Champions League ("Sportberichterstattung auf hohem Niveau, fördert das Interesse des Publikums an sportlicher Betätigung"). Die läuft auf Sat 1 - diesen Dienstag etwa gar exklusiv, was Sat.1 Österreich eindrucksvolle Quoten bescherte. Mit Bayern München gegen Manchester United aber auch nicht ganz schwierig.

Die Programmanteile des ORF-Fernsehens blieben laut ORF-Bericht weitestgehend unverändert im Vergleich zu 2008, ein Prozentpunkt weniger Lebenshilfe ist da etwa auszumachen.

Weniger Sport, mehr Unterhaltung

Mehr Bewegung zeigt sich bei den Programmstunden: Mangels EURO und Olympischen Spielen gab es 2009 weit weniger Sport: nach 1287 Stunden 2008 waren es 2009 noch 962 Stunden, sein Programmanteil sank von 7 auf 5 Prozent. Die Unterhaltung legte von 7665 auf 7778 Stunden zu, ergibt laut Bericht nach 43 nun 44 Prozent Unterhaltung. Da sind aber beileibe nicht alle Sendungen mitgezählt, die unterhaltend daherkommen, wie ein Blick ins Detail etwa bei der Information zeigt.

Information sind auch "Harrys liabste Hütt'n"

Das ORF-Fernsehen zeigte insgesamt 2009 laut Bericht 3773 Stunden Information. Davon machen Nachrichten 2297 Stunden aus, und 1476 Stunden "Current Affairs, Politik, Magazine, Diskussion". - Zu dieser gewichtig klingenden Kategorie zählt der Bericht neben "Report", "Schauplatz" oder "Im Zentrum" etwa auch "Thema" und die Reportage-Wiederholungen "Panorama", zudem die leichtgewichtige Vorabendschiene "Sommer-/Herbst-/Winter-/Frühlingszeit" und sogar "Adventzeit mit Harry Prünster", Harrys liabste Hütt'n" und "Aufgetischt in...", die gemeinhin insbesondere Sponsoring und Product Placement dienen.

ORF 1 zeigte 2009 fünf Stunden weniger Nachrichten als 2008, in diesem Jahr waren es insgesamt 181 Stunden.

TV-Kultur: Opernball und "Liebesg'schichten"

Der Jahresbericht listet in beiden ORF-Fernseh(haupt)programmen 442 Stunden Kultur, 13 mehr als 2008. 71 Stunden Theater (+19), 312 Stunden E-Film (-14), darunter fallen für die Autoren des Reports auch "Kommissarin Seiler", "Commissario Laurenti" und "Kommissarin Lund". 52 Stunden E-Musik bot das Fernsehen (+2),  darunter auch die Donaudoku von Hubert von Goisern oder auch "Frühling in Wien" und  "Christmas in Vienna". Die Religion verlor neun Stunden Jahressendezeit auf 184.

In die Kultur ressortieren im Bericht übrigens neben "Wir sind Kaiser" und "Dorfers Donnerstalk" auch die zwei Ausgaben der Impro-Show "Open House" (Niavarani/Gernot) sowie Elizabeth T. Spiras "Liebesg'schichten und Heiratssachen" - sowie Opernball und Life Ball.

Wissenschaft, tierzuliebe

Wissenschaft, Bildung und Lebenshilfe fasst der ORF-Bericht in eine Kategorie zusammen - was "Universum" und "Newton" zusammenführt mit dem Konsumentenmagazin "Konkret", "Tierzuliebe", mit "Stöckl am Samstag", dem (eingestellten) Seniorenmagazin "Schöner Leben", "Bewusst gesund" und dem "Bürgerforum".

Sportlich, sportlich: Ski, Fußball, Formel 1

Von den 2009 962 Stunden Sport widmete der ORF 827 Live-Übertragungen. Die Verteilung:

  • Wintersportbewerbe: 387 Stunden (199 alpin, 13 nordisch, Biathlon 23, Eishockey 23, Snowboard 16)
  • Fußball füllte im ORF 214 Stunden (72 Stunden Bundesliga, 66 Champions League)
  • Formel 1 war für 139 Stunden gut
  • Tennis für 27 Stunden
  • American Football: 20 Stunden
  • Volleyball 5 Stunden

ORF Sport Plus

Der Jahresbericht liefert auch Daten über den Spartensender ORF Sport Plus: Der gebührenfinanzierte Frequenzgast von TW1 brachte es 2009 laut Bericht auf 2526 Sendestunden, davon 485 Stunden Live-Übertragungen. Am ausführlichsten kamen da ins Bild:

  • Fußball (367 Stunden)
  • Tennis (277)
  • American Football (197)
  • Volleyball - gelistet inklusive Beachvolleyball (185 Stunden)
  • Handball (159 Stunden)
  • Ski alpin (129)
  • Eishockey (129)

Kinder, Kinder

Deutlich mehr Kinderprogramm vermerkt der Bericht: nach 1298 Stunden 2008 nun 1407 Stunden.

1562 Stunden Lokalfernsehen - höherer Kostenanteil

Der Programmbericht listet 1562 Stunden an Lokal-TV des ORF - also der Landesstudios. "Bundesland heute" füllte 2009 1004 Stunden. Dazu kommen Beiträge der Landesstudios zum bundesweiten Programm.

Der Bericht weist auch den Anteil der Landesstudios an den Kosten des ORF aus: Nach diesen Daten stieg ihr Anteil an den Programmkosten für TV, Radio und Online von 2008 rund 15 auf 16,8 Prozent. Der an den Gesamtkosten von 15,2 auf 17,2 Prozent.

Österreich-Bezug

Programme mit Österreichbezug machten laut ORF-Bericht 58,1 Prozent des gesamten ORF-Fernsehprogramms aus. Zwischen 18 und 22 Uhr habe der Anteil 2009 74,8 Prozent ausgemacht.

Ö1: Weniger Familie, mehr Unterhaltung

Bei Ö1 blieben die Zeitanteile der Genres in der Untersuchungswoche Anfang September 2009 im wesentlichen stabil zu jener 2008. Die Wissenschaft legte merklich (von 14,7 auf 16,9 Prozent) zu, der Anteil der Kategorie "Familie" fiel von fast 6 auf 2 Prozent. Die Unterhaltung zog um zwei Prozentpunkte auf 6,8 Prozent an.

Ö3: Weniger Info, viel mehr Unterhaltung

Ö3 hatte weniger Information als 2008 - 25 nach fast 28 Prozent unter den Wortbeiträgen. Die Kategorie Religion fiel von 1,5 auf 0,45 Prozent, Wissenschaft fiel von 7,3 auf 3 Prozent. Auch Service sank von 28 auf 26,9, auch der Sport ging (10 auf 8,7) zurück. Familie legte von 2 auf 3 Prozent zu. Vor allem aber gewann die Unterhaltung: von 15,9 auf 25,8 Prozent.

FM4: Viel weniger Information, weniger Kultur viel mehr Unterhaltung

Noch deutlicher reduzierte laut ORF-Jahresbericht FM4 seine Information - von 26,9 Prozent auf nun 19,5. Kultur fiel von 27 auf 22,8. Ganz leicht erhöhte der Alternativsender Service/Verkehr/Wetter von 9,9 auf 10,5 Prozent. Viel deutlicher steigerte FM4 aber binnen eines Jahres den Anteil der Unterhaltung am Wortprogramm - von 25,3 auf 37,6 Prozent.

222,9 Millionen aus Werbung, 26,5 aus Sonderwerbeformen

222,9 Millionen erlöste der ORF laut Bericht mit klassischer Werbung, 26,5 Millionen brachten nach dieser Statistik Sponsoring und andere Sonderwerbeformen.  (fid, DER STANDARD; Printausgabe, 1.4.2010, online ergänzt)