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Bei Bau, Verkauf oder Vermietung eines Gebäudes oder von Gebäudeteilen muss seit 1. Jänner 2009 ein Energieausweis vorgelegt werden.

Fotos: AP/FLIR Systems, AP/Bauer

Anton Holzapfel, David Steixner, Andreas Vonkilch:
Energieausweis in der Praxis.
Technische und rechtliche Umsetzung in Österreich,
ÖVI Edition 2009, 345 Seiten

Seit Jahresbeginn ist bei Verkauf, Vermietung oder Verpachtung von Gebäuden oder einzelnen Nutzungseinheiten (also etwa Wohnungen oder Büros) dem Käufer oder Mieter verpflichtend ein Energieausweis vorzulegen. Die Verpflichtung ist schon seit Anfang 2008 für Neubauten (Gebäude mit einer Baubewilligung nach dem 1.1.2006) in Kraft, seit heuer gilt sie auch für alle bestehenden Gebäude.

Drei Immobilienexperten haben sich nun in Buchform detailliert mit dem Energieausweis auseinandergesetzt. Anton Holzapfel, Geschäftsführer des Verbands der Immobilientreuhänder (ÖVI), beschreibt in "Energieausweis in der Praxis" (Edition ÖVI) gemeinsam mit David Steixner, Real Estate Manager bei der Hypo Real Invest AG, und Andreas Vonkilch, Universitäts-Professor für Zivilrecht an der Uni Wien, wie die "technische und rechtliche Umsetzung in Österreich" vonstatten ging.

Unterschiedliche Handhabung

Kritisiert wird von den Experten dabei vor allem, dass es bei der Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie, die den Energieausweis regelt (siehe "Wissen"), nicht gelungen sei, "die negativen Folgen des Föderalismus in den Griff zu bekommen". Es herrsche ein "Kompetenzdickicht von Bund und Ländern", erklärt Holzapfel im Gespräch mit derStandard.at.

Grundsätzlich ist der Energieausweis nämlich in zwei verschiedenen Bereichen nötig: Einerseits soll er Käufern oder Mietern alle relevanten Energie-Kennzahlen eines Objekts bieten, somit den Energiebedarf eines Gebäudes oder einer Wohnung transparent machen. Dies im Zivilrecht zu verankern, war Sache des Bundes.

Andererseits wird ein Energieausweis auch dazu benötigt, um beim Neu-, Um- oder Zubau nachzuweisen, dass man die technischen Anforderungen (der Bauordnung des jeweiligen Bundeslands) einhält, etwa beim Wärmeschutz. Die meisten Bestimmungen sind deshalb als bautechnische Vorschriften zu verstehen, infolgedessen also von den Bundesländern in deren Bauordnungen zu regeln. Dies wurde in manchen Bereichen unterschiedlich gehandhabt: Im Fall einer "umfassenden Sanierung" etwa wird in allen Ländern ein Energieausweis verlangt, mit Ausnahme von Salzburg, wo dies noch nicht umgesetzt wurde.

Hier gehören in erster Linie die Bauordnungen vereinheitlicht, so Holzapfel. "Denn es gibt keine sachliche Begründung dafür, warum das Baurecht in einem Bundesland anders sein soll als in einem anderen."

Bauordnungen legen Ausnahmen fest

In der konkreten Ausgestaltung der Ausnahmeregelungen schlummern die nächsten Hürden, so Holzapfel weiter. Auf diverse Ausnahmen von der Verpflichtung, einen Energieausweis vorzulegen, verweise bereits die EU-Gebäuderichtlinie - etwa bei denkmalgeschützten Häusern. "In der Folge hat sich der Gesetzgeber gedacht: Gut, die Ausnahmen gibt es ja schon in den Bauordnungen der Länder. Verweisen wir im Energieausweis-Vorlagegesetz einfach auch auf diesen Katalog."

Auf den ersten Blick klinge das auch logisch, so Holzapfel: "Wenn nicht einmal die Bauordnung einen Energieausweis verlangt, dann braucht man doch wohl auch beim Verkauf oder der Vermietung keinen Ausweis." Dies sei aber "zu kurz gegriffen. Denn in den Bauordnungen hat man zum Teil doch ziemlich extensive Ausdehnungen gemacht."

In Wien sei beispielsweise der ganze erste Bezirk ausgenommen, und auch große Teile zahlreicher weiterer Bezirke sind sogenannte "Schutzzonen" (für Definition und Übersichtskarte siehe Website der Stadt Wien), in denen etwa die Magistratsabteilung 19 (Architektur und Stadtgestaltung) zu beurteilen hat, ob eine Fassade erhaltungswürdig ist, oder nicht. "Wegen der Verquickung mit dem Energieausweis-Vorlagegesetz benötigt man beispielsweise für einen 'Plattenbau' aus den 1970er-Jahren, der in einer Schutzzone steht, keinen Energieausweis, auch nicht bei Vermietung oder Verkauf", kritisiert Holzapfel.

"Ausnahmen im Gesetz anführen"

Der ÖVI-Experte sieht die absolute Notwendigkeit, dass sich Bundes- und Landesgesetzgebung in diesem Bereich besser abstimmen. "Die einfachste Regelung wäre, dass beim Energieausweis-Vorlagegesetz die Ausnahmen angeführt sind. Das war ursprünglich sogar geplant, aber man hat sich dann doch anders entschieden und auf das Landesrecht verwiesen. Die sauberere Lösung wäre, zu sagen: Bei Verkauf und Vermietung braucht man bei dieser oder jener Gebäudekategorie keinen - also etwa bei denkmalgeschützten Bauten, oder bei Bauten mit einer Nutzfläche unter 50 Quadratmetern."

Unklarheiten gebe es auch im Bereich des Wohnungseigentums. "In der Wohnrechtsnovelle 2009 ist festgehalten, dass der Hausverwalter einen Energeiausweis parat haben muss. Wenn sich die Liegenschaft aber in einer Schutzzone befindet - braucht man dann einen Energieausweis, oder nicht?" Wenn sich die Mehrheit der Wohnungseigentümer für die Erstellung eines Ausweises ausspreche, müsse der Verwalter dies natürlich befolgen. "Aber wenn es keine Einigung gibt, und sich der Verwalter einfach nur gesetzeskonform verhalten will - dann ist das dasselbe wie mit den Postkästen."

Das soeben erschienene Buch zählt noch weitere, mitunter sehr ins Detail gehende Verflechtungen zwischen den verschiedenen gesetzgebenden Körperschaften auf, inklusive Abdruck der wesentlichen Gesetzestexte. Die viele Energie in das ca. 320 Seiten starke Werk hineinzustecken, habe sich jedenfalls ausgezahlt, so Holzapfel. "Denn wenn man weiß, dass wieder eine Änderung der Gebäuderichtlinie kommt, dann haben wir jetzt wenigstens eine profunde Analyse, die zeigt, was der Status quo ist."

Energieausweis "erst bei einem Drittel aller Transaktionen"

Grundsätzlich sieht Holzapfel beim Energieausweis nach wie vor "eine große Überzeugungsarbeit nötig, um einen Eigentümer dazu zu bringen, einen Energieausweis zu machen". Er schätzt, dass erst bei rund einem Drittel aller Transaktionen ein Energieausweis im Spiel ist.

Wie Andreas Vonkilch in dem vorliegenden Buch analysiert, sind die rechtlichen und vor allem wirtschaftlichen Folgen im Fall der Nicht-Vorlage eines Energieausweises enden wollend. Im Energieausweis-Vorlagegesetz (EAVG) wird lediglich darauf hingewiesen, dass "zumindest eine dem Alter und der Art des Gebäudes entsprechende Gesamtenergieeffizienz als vereinbart" gilt, wenn dem Käufer oder Bestandnehmer kein Energieausweis vorgelegt wird.

Vonkilch weist darauf hin, dass im Ministerialentwurf zum EAVG noch eine Verwaltungsstrafe vorgesehen war, diese aber von mehreren Seiten als "zu scharf" kritisiert und wieder verworfen worden war. Insbesondere weil im Fall der Nicht-Vorlage eines Energieausweises die ABGB-Bestimmungen zur Gewährleistung gelten würden, seien jedenfalls Zweifel angebracht, "ob der nationale Gesetzgeber bezüglich der Umsetzung der EU-Richtlinien seine gemeinschaftsrechtlichen Umsetzungsverpflichtung tatsächlich in ausreichendem Umfang nachgekommen ist", schlussfolgert der Zivilrechts-Professor.  (Martin Putschögl, derStandard.at, 22.12.2009)