Mit zusätzlichem Personal und Infofoldern wollen die ÖBB den Fahrgästen derzeit die Orientierung am Bahnhof Meidling erleichtern.

Foto: derStandard.at/Gedlicka

>>> Ansichtssache: Vom Ostbahnhof nach Meidling - derStandard.at ist vom Südbahnhof zum umgebauten Bahnhof Meidling gefahren und hat auch hinter die Baustellenabsperrungen geschaut

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Wien - Wenn der Bahnhof Wien Meidling ab 13. Dezember für drei Jahre die Funktion des Südbahnhofs übernimmt, muss wegen der erhöhten Verkehrsdichte vieles schneller gehen als es die Fahrgäste bisher gewohnt waren. Statt bis zu einer halben Stunde bleiben den ÖBB-Kunden dann nur vier bis fünf Minuten, um in den Zug einzusteigen. "Es hat keinen Sinn schon eine halbe Stunde früher hier zu sein", rät Werner Kovarik, Vorstandsdirektor ÖBB-Personenverkehr.

"Kiss & Ride"

Eile ist wegen Parkplatznot auch geboten, wenn sich Reisende mit dem Auto am Bahnhof absetzen lassen: "Kiss & Ride" nennen die Bundesbahnen die dafür vorgesehenen Haltemöglichkeiten in der Eichenstraße vor dem Durchgang zur Kerschensteinergasse, wo mit Containern ein zweites, provisorisches Reisezentrum eingerichtet wurde. Hier in der Nachbarschaft zu den Haltestellen der Wiener Linien (62, 7A, 8A, 9A, 59A, 62A) macht künftig auch der Flughafen-Bus Station. Für Autos wurden insgesamt 50 neue Abstellplätze geschaffen, elf davon für Taxis, 25 fürs Kurzparken. "Wir empfehlen aber, mit den öffentlichten Verkehrsmitteln anzureisen", so Kovarik. Neu sind auch 40 "Bike & Ride"-Standplätze.

55.000 statt bisher 45.000 Fahrgäste pro Tag machen den bisherigen Regionalbahnhof vorübergehend zum frequenzstärksten Bahnhof Österreichs. Auf die Reisenden wartet als Herzstück eine neue 1.300m² große Halle mit einem rund um die Uhr geöffneten Infopoint und einem Reisecenter mit zehn statt bisher drei Personenkassen, Bäckerei und Trafik. Zu den bestehenden acht Fahrkartenautomaten sind sechs weitere hinzugekommen. Durch die Halle verkürzen sich die Fußwege zwischen den Bahnsteigen der ÖBB und der U6, deren Fahrgastkapazität um 35 Prozent aufgestockt wurde. Für Reisende der ersten Klasse wurde eine eigene Lounge eingerichtet. Insgesamt gibt es in der Halle, auf den Bahnsteigen und in der Passage rund 260 Sitzplätze.

Keine Kofferkulis

Wegen der geringeren Bahnsteigbreite sind am Bahnhof Meidling keine Kofferkulis erlaubt. Zusätzliches Personal soll helfen, wenn das Gepäck zu schwer wird. An gelben Jacken erkennbare Sonderinfo-Teams stehen den Fahrgästen zudem für Reiseinfos zur Verfügung. Auch mit Lautsprecherdurchsagen, 70 neuen Monitoren und Info-Foldern, die in frequentierten Bahnhöfen und entlang der Südbahn verteilt werden, sollen die Kunden auf dem Laufenden gehalten werden.

Seine bisherige Funktion behält der Südbahnhof auch nach dem 13. Dezember für die Ostbahn bei. Die Fahrkartenschalter wurden für den provisorischen Betrieb in Containern untergebracht, die Bahnsteige um 150 Meter verkürzt und eine neue Haltestelle für die Buslinie 69A eingerichtet.

Für die Schnellbahn gibt es eine neuen barrierefreien Haltestellenausgang beim Schweizergarten,  wo künftig auch die Straßenbahnlinien O und 18 halten werden. Die S-Bahn bleibt anders als der Fernverkehr von den Bauarbeiten unbehelligt. Verkehrsstadtrat Rudolf Schicker verspricht sich davon auch eine Entlastung für den Bahnhof Meidling: "Ich bin davon überzeugt, dass die Pendler rausfinden, dass man mit der S-Bahn bis ins Herz und an das andere Ende der Stadt fahren kann."

Dass es trotz der 63 Millionen Euro teuren Runderneuerung zu Komforteinbußen wird, ist aus Sicht der ÖBB nicht zu vermeiden: "Sonst würden wir ja den neuen Hauptbahnhof nicht brauchen", so Kovarik. Schicker gab sich bei der Bahnhofseröffnung in Meidling optimistisch: "Ich bin überzeugt, dass sich mit ein bisschen Wiener Raunzen alles in gute Bahnen lenken wird." (Karl Gedlicka/derStandard.at, 30. November 2009)