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Die Arbeit mit Erdäpfeln macht nur ein geringen Bruchteil im Arbeitsleben von Birgit Ponath aus

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Zur Person

Birgit Ponath ist Bio-Bäuerin im Nebenerwerb. Sie bewirtschaftet gemeinsam mit ihrem Mann 23 Hektar landwirtschaftlicher Nutzfläche (Erdäpfel, Weizen, Roggen, Gerste, Luzerne) in Niederösterreich. Im Zweitjob arbeitet sie in einem Softwareberatungsunternehmen in Wien. Nebenbei betreibt sie ein Bio-Cateringservice und geht als Info-Biobäuerin in Schulen und Kindergärten. Politisch engagiert sie sich als Vizebürgermeisterin.

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Am Foto (v.l.): Sonja Willim - Infobiobäuerin St. Leonhard am Forst, Ministerin Heinisch Hosek und Birgit Ponath bei der Veranstaltung Ökosoziales Forum im Lebensministerium

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"Wir trotzen dem globalisierten, neo-liberalen Denken", sagt Birgit Ponath, ihr Antrieb für die Biolandwirtschaft im Nebenerwerb ist Stolz. Mit ihrer Vision, dass alles reine Einteilungssache ist, möchte sie andere Frauen motivieren Ziele zu verwirklichen. Im Interview mit Marietta Türk erzählt sie von ihrer Flexibilität, der Unterstützung ihres Mannes und der Konfrontation mit dem Unverständnis vieler Ortsbewohner.

derStandard.at: Sie sind Bäuerin, arbeiten in einem Softwareberatungsunternehmen, haben ein Cateringservice und sind Vizebürgermeisterin. Wie teilen Sie sich Ihre Arbeit ein?

Birgit Ponath: Ich habe, bevor ich mir das alles zurecht gelegt habe, sehr viel Zeit in Ausbildung investiert. Eine Ausbildung in Richtung Persönlichkeitsentwicklung und -forschung und Zeitmanagement hilft mir da sehr weiter. Ich mag mein Leben wie es ist, ich mag immer gern viel zu tun haben, das ist einfach mein Naturell. Die Arbeit im Softwareberatungsunternehmen habe ich auf zwei Tage pro Woche beschränkt. Die restlichen Tage kann ich mir individuell einteilen. Meistens sind zwei halbe Tage für Gemeindetätigkeiten reserviert, das Wochenende sowieso. Die Caterings plane einfach ich länger vor und teile mir die anderen Termine danach ein. Ein Quäntchen an Flexibilität behalte ich mir vor. Mein Arbeitgeber in Wien ist zudem sehr verständnisvoll, was die Flexibilität angeht.

derStandard.at: Wann sind Sie Nebenerwerbsbäuerin?

Ponath: Immer, wenn etwas anfällt, da gibt es keine fixen Zeiten. Mein Mann hat auch noch einen zweiten Job. Wir teilen uns die Arbeit auf. Wir haben eine 23 Hektar Landwirtschaft mit einem Ab-Hof-Verkauf an Erdäpfeln. Da gibt es Spitzenzeiten im Frühjahr und im Herbst, wo besonders viel zu tun ist. In der Zeit nehme ich eben keine Cateringaufträge an.

derStandard.at: Könnten Sie von der Landwirtschaft alleine leben?

Ponath: Nein, unsere Umsätze aus der Landwirtschaft, ohne die Kosten dazu entgegen zu stellen, belaufen sich auf 7.000 Euro im Jahr. Die Landwirtschaft ist für uns der Stolz, der uns mit der Erde verbindet. Der Bauernhof ist der Stolz der ganzen Familie, die auch voll und ganz dahinter steht und alle packen mit an. Wir trotzen quasi dem globalisierten, neo-liberalen Denken. Es muss auch möglich sein mit einer kleinen Landwirtschaft weiterzukommen, eben mit gewissen Standbeinen.

derStandard.at: Haben Sie den Hof klassisch von den Eltern übernommen?

Ponath: Der Hof selber gehört eigentlich nach wie vor der Schwiegermutter, mein Mann und ich haben ihn gepachtet. Ich habe in den Hof eingeheiratet, bin aber selber als Halbwaisenkind bei meiner Tante am Bauernhof aufgewachsen.

derStandard.at: Konnte die Generation vor Ihnen noch vom Vollerwerb leben?

Ponath: Ja, früher war es ein Vollerwerbshof, da hat es auch noch Kühe gegeben. In der Zeit zwischen 1970 und 1980 ist der Milchwagen in die Ortschaft gekommen. Da hat man einfach eine andere Wertschöpfung daraus gehabt. Heute fährt kein Kühlwagen mehr in unsere Gegend. Die Milchtierhaltung wurde daher eingestellt und vom Ackerbau alleine kann man nicht leben.

derStandard.at: Wie hat sich der Beruf der Bäuerin aus Ihrer Sicht gewandelt?

Ponath: Die klassische Bäuerin gibt es de facto nicht mehr - zumindest nicht in der klein-strukturierten Landwirtschaft. Ich glaube, die klassische Bäuerin hatte früher gar keine Chance aus diesem Denken auszubrechen, weil sehr viel Arbeit da war. Es musste ja sehr viel händisch gearbeitet werden. Man muss sich vorstellen: Früher haben die Menschen noch mit der Hand das Korn gedroschen. Sie haben Stunden damit verbracht einfach Körner von der einen Seite auf die andere zu schaufeln, damit sie trocknen. Das sind Tätigkeiten, die wir heute nicht mehr haben. Heute, wo uns die Maschinen viel abnehmen, bleibt einfach Zeit unternehmerisch zu denken und das muss man heutzutage auch. Ich sehe mich als Unternehmerin.

derStandard.at: Als Vizebürgermeisterin haben Sie auch noch ein politisches Amt. Wie lässt sich das vereinbaren?

Ponath: Ich habe mich schon in der Schule politisch engagiert, ich war auch Schulsprecherin. In der Familie war Politik immer ein Thema und ich bin damit aufgewachsen. Ich war oft im Gasthaus meiner Großeltern und damals wurde im Gasthaus Politik gemacht. Politik finde ich total spannend und das Zeitreservoir dafür nehme ich mir aus feministischen Gedanken. Es gibt so wenige Frauen in der Politik und die meisten schaffen es ja nicht, weil sie sagen: Hauhalt, Kinder und Beruf - ich kann nicht. Mein Mann ist total liberal, er hilft mir einfach im Haushalt.

derStandard.at: Sind Sie manchmal damit konfrontiert, dass Menschen das nicht verstehen, weil sie Rollenklischees aufbrechen?

Ponath: Ja, sehr oft sogar, viele schauen schief, weil mein Mann die Hausarbeit macht, er tut ihnen auch leid: „Er muss sich darum kümmern, weil sie soviel macht". Ich bin aber sehr familienzentriert und glaube ich könnte Hausfrau und Mutter sein und weniger Zeit mit der Familie verbringen als so. Für mich ist einfach die Qualität der Zeit eine andere: ich teile mir alles anders ein.

derStandard.at: Sie sind auch in Schule und Kindergärten als Info-Biobäuerin unterwegs. Haben Sie eine Mission?

Ponath: Genau, das hält auch das Ganze am Laufen es ist ein Motor für mich. Ich möchte für viele Frauen in Österreich sprechen, dass sie wahrnehmen: vieles ist möglich, wenn es gemeinsam entschieden wird. Es wichtig, die Visionen, die man hat, zu leben. Ich sehe mich als Botschafterin und arbeite deswegen auch gerne mit den Kindern.

derStandard.at: Leben Sie auf gewisse Art auch einen Idealismus?

Ponath: Auf jeden Fall. Für mich ist Unternehmertum und Idealismus nichts Ambivalentes. Ich richte es mir einfach. Wenn neue Tätigkeiten dazu kommen, überlege ich auch immer welche alten Geschichten gebe ich auf oder wie teile ich um. Ein großer Teil der Zeit steckt auch in der Planung. Aber es ist enorm wichtig, das alles management-mäßig so hinzukriegen, das es vereinbar ist für jeden. (derStandard.at, 20.10.2009)