Wien - "I'm John Dillinger. I rob banks." Der Held von Michael Manns Gangsterfilm Public Enemies kommt gerne ohne Umschweife auf den Punkt. Im Chicago der 30er-Jahre ist dieser leidenschaftliche Kriminelle, den das von der Depression geplagte Volk bald als Sozialrebellen verehrt, gleichwohl einer der letzten seiner Art. Ein Einzelgänger, der außerhalb des Syndikats operiert; ein Mann der reinen Gegenwart, in dem Coolness und Courage eine zwingende Einheit bilden.

Johnny Depp spielt diesen Dillinger auf eine für ihn untypische Weise - bar der gewohnten Manierismen, dafür mit körperlicher und emotionaler Wucht. Der Getriebene nimmt sich, was er will: Selbst Billie (Marion Cotillard), die Frau seines Lebens, erobert er überfallartig. Mann lässt den Mythos des Gangstertums intakt, verlegt den Schwerpunkt allerdings auf das Katz-und-Maus-Spiel mit dem Staat und kontrastiert auf diese Weise individuellen Heroismus mit einem Polizeiapparat, der sich mit immer innovativeren Mitteln gegen die Kriminalität rüstet.

Der Film basiert auf Bryan Burroughs 600 Seiten schwerer Analyse der damaligen Verbrechenswelle. Mit dem FBI-Jäger Melvine Purvis (Christian Bale), der Dillinger wie ein Bluthund verfolgt, findet sich der entsprechend manische Kontrahent - eine Konstellation, die an frühere Filme Manns wie Heat erinnert. Public Enemies sieht jedoch aus wie kein "period piece" davor: Manns eruptive High-Definition-Videoästhetik reißt das Gangstergenre aus seinem historischen Mantel und konfrontiert den Zuschauer mit (Handkamera-)Bildern von einer mitreißenden Gegenwärtigkeit. (Dominik Kamalzadeh, DER STANDARD/Printausgabe, 01./02.08.2009)

 

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