Die Grüne Ulrike Lunacek und Life-Ball-Macher Gery Keszler trotzen mit ironischen T-Shirts den Anwürfen der FPÖ.

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Nun muss sich die Grüne Ulrike Lunacek sogar gegen homophobe Untergriffe der Blauen wehren.

Wien – Am Freitag schritt Ulrike Lunacek zur Tat. Gemeinsam mit Life-Ball-Macher Gery Keszler streifte die grüne EU-Spitzenkandidatin im Rathaus demonstrativ ein T-Shirt mit der Aufschrift "Kampflesbe" über. "Am liebsten würden die Freiheitlichen alle, die anders sind, außer Landes schaffen, damit sie in Ruhe in ihrem deutschnationalen Sumpf agieren können" , ärgerte sich die bekennend homosexuelle Politikerin.

Anlass für ihren Ärger: In einem Wahlkampfpapier für FPÖ-Funktionäre wurde Lunacek völlig ironiefrei als "Kampflesbe" tituliert. Damit nicht genug, auch noch ihre "peruanische Lebensgefährtin in Brüssel" geoutet.

Homosexuelle in der Politik: Anders als in Deutschland (siehe unten) gehen die Parteien hierzulande – mit Ausnahme der Grünen – mit ihnen manchmal respektlos, oft unentspannt und meist verschämt um. Weder ÖVP noch FPÖ noch BZÖ haben es bis heute zu internen Plattformen gebracht, die sich explizit für Rechte und Anliegen von Schwulen und Lesben starkmachen.

Mit Ausnahme des Kunst- und Kulturbetriebes, meint der Politikwissenschafter Peter Filzmaier, sei in Österreich die sexuelle Ausrichtung von Prominenten "ein Tabuthema. Das reicht von der Politik über den Sport bis hinein in den Society-Bereich." Und so komme es zu einer "gewissen Doppelmoral als gesamtgesellschaftliches Phänomen: Die Allgemeinheit glaubt, bei uns gehe es sexuell ,anständiger‘ zu als anderswo."

Umso sensationsgeiler reagieren die Österreicher dann offenbar, wenn sich doch einmal Einblicke in das Intimleben eines Politikers ergeben. Nach Jörg Haiders Unfalltod und Stefan Petzners Bekenntnis, der Kärntner Landeshauptmann sei sein "Lebensmensch" gewesen, stellte die Hosi-Wien eine Aussendung mit dem Titel "Ist Jörg Haider schwul?" ins Netz – und verzeichnete mit 85.000 Zugriffen prompt "historischen Rekord" .

Im Gegensatz zum omnipotenten BZÖ in Kärnten haben es kleinere Parteien wie die Grünen oder einst auch die Liberalen laut Filzmaier leichter, offen bekennende Homosexuelle als Kandidaten auf ihre Listen zu setzen. "Auch die FPÖ täte sich damit schwer, könnte sie doch damit womöglich einen Teil ihrer Wähler, der homophob eingestellt ist, vergraulen."

Die SPÖ wiederum unterstützt zwar ihre gleichgeschlechtlich liebenden Genossen mit Bundesbüro, Budget sowie einem Sitz im roten Bundesparteivorstand, aber: "Leider ist es zu einigen Personen noch nicht ganz durchgedrungen, wie wichtig es wäre, dass auch jemand von uns ein Mandat im Landtag, im Parlament oder im Bundesrat bekäme" , klagt Peter Traschkowitsch, Vorsitzender der sozialdemokratischen Homosexuellenorganisation, kurz "Soho" genannt.

Schwulsein als Polit-Profil

Marco Schreuder, seit 2005 Rathaus-Abgeordneter in Wien, kennt solche Probleme mit seiner Partei freilich nicht. Als bekennender Schwuler hatte der Grüne in seinem ersten Wahlkampf "von Anfang ein klares Profil" , wie er sagt. Aber: Wie auch oft bei Frauen sei es als Homosexueller in der Politik doppelt so wichtig, fachlich sattelfest zu sein. "Sonst kann es passieren, dass man nur auf sein Schwulsein reduziert wird."

Und das, sagt Schreuder, der für die Wiener Grünen im Kulturausschuss und in der Europakommission sitzt, sei "sicher nicht Sinn und Zweck der Sache. Ziel ist ja, dass die sexuelle Ausrichtung von jemanden irgendwann einmal blunzenwurscht ist." (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, Printausgabe, 16./17.5.2009)