Wien/Genf - "Es wäre im besten Interesse Österreichs", ein Mitglied der Europäischen Organisation für Kernforschung (CERN) zu bleiben. Seine Organisation würde es sehr bedauern, Österreich als Mitgliedsstaat zu verlieren, erklärte CERN-Generaldirektor Rolf-Dieter Heuer auf Anfrage.

CERN sei "nicht nur ein Zentrum für Forschung, sondern auch für Technologie und Ausbildung", und alle Mitgliedsstaaten würden davon profitieren. "Darüber hinaus ist CERN eine Organisation, die das Verständnis zwischen Nationen fördert, was in dieser Zeit besonders wichtig ist", so Heuer.

Austritt "widersprüchlich"

Als einziges Land ist bisher 1961 Jugoslawien dauerhaft aus CERN ausgetreten, Spanien trat vorübergehend im Jahr 1969 aus und 1983 wieder ein. Dass weitere Länder dem Beispiel Österreichs aufgrund finanzieller Engpässe folgen können, glaubt man am CERN nicht. Kurz vor dem Start der Experimente mit dem Large Hadron Collider (LHC), der ab Ende September Teilchen mit bisher unerreichter Energie zur Kollision bringen soll, scheint es der Organisation "widersprüchlich, jetzt auszutreten". Die Länder hätten "über viele Jahre Zeit, Geld und intellektuelle Anstrengungen" investiert. Außerdem hätten - im Gegensatz zu den heimischen Absichten - einige neue Länder ihren Wunsch geäußert, CERN beizutreten.

RFT-Chef zeigt Verständnis

Auch wenn der Austritt Österreichs aus CERN für die heimische Physik-Forschung "bedauerlich" ist, so hat der Rat für Forschung und Technologieentwicklung (RFT) vor dem Hintergrund der budgetären Situation Verständnis für die Entscheidung des Wissenschaftsministeriums. RFT-Chef Knut Consemüller erinnerte daran, dass es im Zuge der Beitrittsverhandlungen Österreichs vor 50 Jahren eine längere Diskussion über die Höhe der Beitragsgebühr mit CERN gegeben habe.

Österreich sei aber Mitglied geworden, "obwohl sich CERN nicht zufriedenstellend bewegt hat". Die geforderten Beiträge seien hoch, die Organisation müsse sich fragen, ob sie noch "angemessen" sind. Eine Gefährdung des Forschungsstandorts Österreich sei allerdings nicht zu befürchten, so Consemüller.

"Unverantwortlich"

Die Ankündigung aus dem Forschungsprojekt CERN auszusteigen, sei "forschungspolitisch unverständlich, wenn nicht sogar unverantwortlich", reagierte Klaus Schneeberger, VP-Klubobmann im NÖ Landtag und Aufsichtsratsvorsitzender der Errichtungs- und Betriebsgesellschaft (EBG) MedAustron. Hahn zerstöre "mit einem Handstreich" eine Zusammenarbeit, die über Jahre mühevoll und mit großem Engagement aufgebaut worden sei.

Die Kooperation zwischen dem Krebsforschungs- und Behandlungsprojekt MedAustron in Wiener Neustadt und CERN ist laut dem EBG-Aufsichtsratsvorsitzenden nicht gefährdet: "Wir betrachten MedAustron als ein eigenständiges Projekt, daher wird die bilaterale Zusammenarbeit zwischen dem Land Niederösterreich und der Forschungseinrichtung CERN auch in Zukunft weiterbestehen." Schneeberger merkte außerdem an, dass die "unverständliche Entscheidung" Hahns "nicht im Sinne der Wissenschaft und Forschung in Österreich und insbesondere in Niederösterreich" sei.  (APA)