Graz - Die Grazer Bürgerwehr hat - wie es scheint - ihre letzte Streife hinter sich gebracht. Nachdem ihr Obmann, der Bundesheeroberst und FPÖ-Gemeinderat Helge Endres, im Juni als Alkolenker ertappt worden und zurückgetreten war, fuhren die "Beschützer" auf "Fortbildung" nach Bayern, um das Bewachen von Mitbürgern besser zu lernen. Zurückgekehrt kümmerte man sich um ein neues Revier.Da sich ein Gymnasium und der Volksgarten bereits im Mai als "undankbare" Einsatzgebiete erwiesen hatten, marschierten im August jeweils vier Bürgerwehrler an Freitagabenden durch den Stadtpark. Doch bereits beim zweiten Mal bekamen sie dabei "Begleitschutz". "Zuerst waren wir nur zu fünft", erzählt der Philosophiestudent Robert, der mit Freunden die Idee zu einer "Doppelsatire" hatte. Spontan gründete man den "Fanclub der sich beschützt fühlenden Bürger", und ging laut jubelnd hinter der Bürgerwehr her. "Sofort haben sich immer mehr jüngere und ältere Leute angeschlossen", freut sich Robert. So skandierten bald etwa 30 Menschen im Gefolge der blauen Schutztruppe unter Gelächter und Applaus von Passanten: "Dank unserer guten Bürgerwehr gibt's keine bösen Bürger mehr!" "Wir haben ihnen gedankt und gemeint, dass wir bei ihnen bleiben wollen, weil wir uns sicher fühlen", erklärt Robert weiter. Statt der geplanten vier Stunden verließ die Bürgerwehr nach eineinhalb Stunden den Park. Als sie am nächsten Freitag wiederkehrte, wurden sie nicht nur von einem vergrößerten "Fanclub", sondern auch von der "Bürgerwehr-Kontrollkommission" (BKK) - weißes Kapperl, T-Shirt und Videokamera - begrüßt. Robert erklärt deren Arbeitsweise: "Sie haben geprüft, ob die Bürgerwehr gut arbeitet." Schließlich wurde ein Bürgerwehrler von der BKK beim Urinieren ertappt. Rascher Rückzug Zur rasch wachsenden "Anhängerschaft" stieß auch die 23-jährige Gemeinderatskandidatin der Grazer Grünen, Christina Jahn, die das Projekt Bürgerwehr für endgültig gescheitert hält: "Seit zwei Wochen sind sie nicht mehr aufgetaucht und damals haben sie den Park ohne nach links oder rechts zu schauen sehr schnell verlassen." Vor dem flotten Rückzug Ende August versuchte die Schutztruppe noch ihre "Fans" loszuwerden, erinnert sich Robert: "Die Bürgerwehr rief verunsichert die Polizei an und meldetet eine Demo." Die Beamten sahen weder Transparente noch Handlungsbedarf. (Colette M. Schmidt/DER STANDARD, Printausgabe, 16.9.2002)