Calgary/Kananaskis - Die G-8-Staaten haben die palästinensische Führung aufgefordert, rasch politische Reformen anzupacken. Die sieben führenden Industriestaaten und Russland verlangten am Donnerstag im kanadischen Kananaskis zudem freie und faire Wahlen in den palästinensischen Gebieten. "Wir unterstreichen unsere Verpflichtung, für einen Frieden in Nahost zu arbeiten", hieß es in der Abschlusserklärung des zweitägigen Gipfels. "Unsere Vision basiert auf zwei Staaten, Israel und Palästina, die Seite an Seite in sicheren und anerkannten Grenzen leben." Während des Treffens war US-Präsident George W. Bush mit seinen Nahostplänen auf Vorbehalte gestoßen. Frankreich und Kanada lehnen den von Bush geforderten Machtverzicht von Palästinenserpräsident Yasser Arafat ab. Der deutsche Bundeskanzler Gerhard Schröder hat indes erstmals offen Zweifel an Arafat geäußert. Nach Abschluss des Gipfels sagte er, es sei die Frage, ob Arafat in der Vergangenheit dem "Terrorismus wirklich Einhalt gebieten konnte (...) und phasenweise, ob er wollte". Schröder zufolge wird die Nahost-Initiative von Bush grundsätzlich von den anderen G-8-Staaten mitgetragen. Zuvor hatte Schröder betont, Deutschland und die Europäer würden weiter mit dem Palästinenserpräsidenten sprechen. "So lange er Präsident ist", bleibe Arafat "unser Ansprechpartner", sagte er dem deutschen Fernsehen. Dialog zwischen Pakistan und Indien gefordert Die Staats- und Regierungschefs riefen Pakistan und Indien zu einem Dialog zur Entspannung in der Kaschmir-Krise auf. Vor allem müsse Pakistan "der terroristischen Aktivität, die aus dem von ihm kontrollierten Territorium ausgeht, ein dauerhaftes Ende setzen", hieß es am Donnerstag in der Abschlusserklärung. "Beide Seiten sollten einen ernsthaften Dialog über die Fragen, die sie trennen, aufnehmen", schlossen die G-8-Politiker ihren Aufruf. Im kommenden Jahr wird es eine Premiere in der G-8-Gipfelgeschichte geben. Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac kündigte am Donnerstag in Kananaskis an, dass das nächste Treffen an zwei aufeinander folgenden Tagen in zwei verschiedenen G-8-Staaten organisiert wird. Zunächst treffen sich die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industriestaaten und Russlands am 31. Mai 2003 im russischen St. Petersburg. Tags drauf, am 1. Juni, kommen sie an einem noch nicht festgelegten Ort in Frankreich zusammen. Chirac will erneut die Partnerschaft der G-8 mit Afrika auf die Tagesordnung setzen. Über das Programm des Sondergipfels in St. Petersburg wurde zunächst nichts bekannt. Frankreich hat den offiziellen Vorsitz der nächsten G-8-Gipfel- und Ministertreffen. Hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung zuversichtlich Die G-8-Staaten wollen weiters bis 2005 weltweit die Kinderlähmung ausrotten. "Wir verpflichten uns, ausreichend Mittel bereitzustellen, um die Kinderlähmung bis 2005 auszurotten", heißt es in der Abschlusserklärung. Kinderlähmung ist eine ansteckende Krankheit, gegen die es einen Impfstoff gibt. Die acht Staats- und Regierungschefs seien zuversichtlich, was die Wirtschaft in ihren eigenen Länder als auch die weltwirtschaftliche Lage betreffe, bekräftigte der Gastgeber des Gipfels, Kanadas Regierungschef Jean Chretien, zum Abschluss der Beratungen. Die Situation in diesem Jahr sei besser als noch 2001 "und wird 2003 noch besser sein", hatte Chretien am Mittwoch betont. Bei ihrem Treffen verabschiedeten die Staats- und Regierungschefs der USA, Kanadas, Frankreichs, Großbritanniens, Italiens, Deutschlands, Japans und Russlands am Donnerstag einen gemeinsamen Aktionsplan für Afrika. Am Mittwoch hatten die sieben führenden Industriestaaten beschlossen, Russland 2006 als vollwertiges Mitglied in ihren Kreis aufzunehmen. Zugleich sagten sie Moskau eine Finanzspritze von 20 Milliarden Dollar (20,2 Milliarden Euro) für die Sicherung der russischen Atomwaffen-Reste zu. (APA/dpa)