Finanzen & Börse
US-Notenbank lässt Leitzinsen unverändert
Risken zwischen Konjunktur und Inflation ausgewogen
Washington - Die US-Notenbank Federal Reserve (Fed)
hat am Mittwoch wie erwartet die Leitzinsen unverändert auf dem
niedrigsten Stand seit 40 Jahren gelassen. Wie bereits nach der
vorherigen Zinssitzung im Mai bezeichnete sie die Risiken zwischen
Konjunkturschwäche und Inflation als ausgeglichen. Analysten erwarten
weiterhin keine baldige Anhebung der Leitzinsen. Der entscheidende Zielsatz für Tagesgeld liegt weiter bei 1,75
Prozent. Die Nachfrage ziehe an, aber der Grad der Erholung sei
weiterhin ungewiss, erklärte die Fed nach den zweitägigen Beratungen
ihres geldpolitischen Ausschusses in Washington. Die Fed verwies zwar
auf das hohe Wirtschaftswachstum im ersten Quartal, signalisierte
aber vorsichtigen Optimismus im Hinblick auf die kommenden Quartale.
Optimismus für die nächsten Quartale
"Das Gremium geht davon aus, dass die Endnachfrage - zum Teil
unterstützt durch ein robustes Wachstum der Produktivität - innerhalb
der kommenden Quartale weiter anziehen wird. Aber der Grad der
Nachfragebelebung bleibt ungewiss", hieß es in der Stellungnahme. Auf
die Lage an den zuletzt stark gebeutelten US-Aktienmärkten ging die
Fed darin nicht ein.
Volkswirte hatten mit der Entscheidung gerechnet. Sie bezeichneten
auch die Erklärung der Fed als wenig überraschend. "Sie haben nicht
angedeutet, dass sie die jüngsten Fälle dubioser Bilanzpraktiken, die
das Vertrauen der Investoren erschüttert haben, in Betracht gezogen
haben", sagte Carol Stone von Nomura Securities. Die Notenbank sehe
auch offenbar keinen Inflationsdruck durch den Kursrückgang des
Dollar zu Euro und Yen. Am Mittwoch hatte das Eingeständnis des
Telekom-Konzerns WorldCom, in den vergangenen fünf Quartalen falsch
bilanziert zu haben, weltweit zu einem Kursrutsch an den
Aktienmärkten geführt.
Zinserhöhung nicht vor November
Alan Ruskin von 4Cast Ltd in New York sagte, Hinweise auf eine
baldige Anhebung der Zinsen seien in der Erklärung der Fed nicht zu
erkennen. Andere Volkswirte sagten, Zinsanhebungen seien erst zu
erwarten, wenn die Konjunktur erkennbar kräftig an Fahrt gewinne. Die
Mehrheit der Volkswirte hatte zuletzt frühestens für November eine
Straffung der Geldpolitik erwartet.
Die Fed ließ am Mittwoch auch den eher symbolischen Diskontsatz
unverändert bei 1,25 Prozent. Zur Unterstützung der seit Anfang 2001
stark geschwächten US-Wirtschaft hatte die Fed im vergangenen Jahr
den Zielsatz für Tagesgeld in elf Schritten um insgesamt 475
Basispunkte gesenkt. (APA/Reuters)