Wien - Einer ambivalenten Persönlichkeit der deutschen Theatergeschichte widmet sich die Ausstellung "Gustaf Gründgens. Schauspieler, Regisseur, Theaterleiter", die ab Donnerstag bis 15. September im Österreichischen Theatermuseum gezeigt wird. Die Schau war bereits 1999 anlässlich des hundertsten Geburtstages von Gründgens im Theatermuseum Düsseldorf zu sehen. Gründgens war als Künstler gefeiert, politisch jedoch als Opportunist der Nationalsozialisten gebrandmarkt. Legendär waren seine Darstellungen des "Hamlet" und des "Mephisto", umstritten sein Wirken als Generalintendant der Preußischen Staatstheater von 1934 bis 1945."Er hat sich für uns nicht immer verständlich verhalten" Die Ausstellung dokumentiert den Theatermenschen Gustaf Gründgens, der sich selbst am liebsten als "Spielleiter" bezeichnet hatte. Über den Privatmann, der mit Erika Mann und Marianne Hoppe verheiratet war, erfährt man nicht viel, was nicht erstaunlich ist für jemanden, der kurz vor seinem Tod 1963 eine Weltreise antrat, um "rasch noch zu lernen, wie man lebt". Winrich Meiszies vom Theatermuseum Düsseldorf bemühte sich in der heutigen Presseführung, Gründgens' Ruf als opportunistischer Mitläufer der Nazis zu entschärfen: "Er hat sich für uns nicht immer verständlich verhalten, das ist aber aus seiner komplizierten Biografie heraus in seiner eigenen Logik nachvollziehbar." Nach dem Krieg hatten Entnazifizierungsverfahren den Schauspieler als "gering belastet" bewertet. Werdegang Gründgens wurde 1899 in Düsseldorf geboren und kam 1928 an das Deutsche Theater zu Max Reinhardt. 1934 wurde er "Kommisarischer Leiter" der Preußischen Staatstheater. Großen Erfolg hatte er 1936 mit seiner "Hamlet"-Darstellung. Im gleichen Jahr wurde er zum "Preußischen Staatsrat" ernannt, 1937 zum Generalintendanten der Preußischen Staatstheater. 1942 spielte er seinen legendären "Mephisto". 1943 ging er als Flaksoldat zur Wehrmacht. Von 1947 bis 1955 war er Generalintendant der Städtischen Bühnen Düsseldorf, von 1955 bis 1963 Intendant des Deutschen Schauspielhauses Hamburg. Gründgens' Theaterarbeiten gehören längst zur Theatergeschichte. Umstritten ist hingegen nach wie vor sein Verhalten in der NS-Zeit, als er in Berlin von 1937 bis 1945 Generalintendant war und einen Spagat zwischen künstlerischer Unabhängigkeit und politischem Wohlverhalten gegenüber den Machthabern versuchte. Unbestritten ist aber seine Hilfe für etliche gefährdete Kollegen in der NS-Zeit. Mysteriös blieben die Umstände seines Todes am 7. Oktober 1963 in einem Hotel in der philippinischen Hauptstadt Manila. Der deutsche Regisseur Peter Stein sagte über ihn: "Der Moment, als Gründgens Goebbels die Hand schüttelte, das war das große Menetekel des deutschen Theaters." Die Ausstellung In der Ausstellung sind 70 Fotografien, Plastiken, Gemälde, Plakate und audiovisuelle Dokumente zu sehen. Der Direktor des Österreichischen Theatermuseums, Thomas Trabitsch, bekundete im Pressegespräch den Wunsch, künftig verstärkt mit dem Theatermuseum Düsseldorf zusammen arbeiten zu wollen, und wies auf die spezielle Dramaturgie der Ausstellung hin, die "eine bewusste Rücknahme der Objekte vorsah, um den Besuchern die Möglichkeit einer eigenen Meinungsbildung über Gustaf Gründgens zu geben". (APA)