Damaskus/London - Mehr als
eine Verwaltungsreform soll
es nicht sein. So lautet die Botschaft, die Syriens Präsident
Bashar al-Assad der Elite seines Regimes in den zurückliegenden Wochen immer wieder übermittelt hat. Denn rund
zwei Jahre nach seinem Amtsantritt hat sich Bashar al-Assad den Hardlinern, auf denen
das syrische Regime ruht, gebeugt und selbst die moderatesten jener Reformen abgeblasen, die er noch bei seinem
Antritt im Juli 2000 versprochen hatte.
So ließ Bashar die Idee zur
Zulassung privater Universitäten nun endgültig fallen. Einem ähnlichen Plan für die
Gründung von Privatbanken -
nach Expertenmeinung der
einzige Weg, um die syrische
Wirtschaft aus ihrer Lethargie
zu wecken - erging es nicht
anders.
Gleichzeitig stärkte Damaskus seine Allianz mit dem Irak
und Iran, eine Reaktion auf Israels Vorgehen gegen die Palästinenser und die Drohungen der USA im Gefolge des
11. September. Damit riskiert
Syrien den Unmut der USA,
auch wenn es andererseits der
CIA bei der Suche nach Al-Qa’ida-Terroristen behilflich
ist. Der Ruf nach einer Verwaltungsreform ist dabei nicht
neu. In seiner Antrittsrede vor
dem Parlament im Juli 2000
nannte Bashar die "ineffiziente Verwaltung" das "größte
Hindernis" für die Entwicklung des Landes.
Kurzer Frühling
In den ersten Monaten von
Bashars Regierung standen
Wirtschaftsreformen tatsächlich ganz oben auf der Tagesordnung. Erstmals auch blühte Syriens Zivilgesellschaft
wieder auf, der Ruf nach einer
Mehrparteiendemokratie
wurde ungestraft laut. Doch
Anfang 2001 bekam das Regime kalte Füße. Die politischen Salons wurden verboten und nachfolgend die wichtigsten Bürgerrechtsaktivisten
verhaftet, darunter auch zwei
Parlamentsabgeordnete.
In der Vergangenheit hatte
Bashar die Aktivisten der Zivilgesellschaft zwar als irrelevante Minderheit verurteilt,
sich aber im Ton sonst zurückgehalten. In den vergangenen Wochen schlug der Präsident aber deutlich rauere
Töne an, brachte die Zivilgesellschaftsbewegung mit
westlichen Staaten in Verbindung und drohte, die Aktivisten würden teuer für ihre Tätigkeit bezahlen. Nach Ba_shars Ansicht ist Syrien jetzt
zusammen mit Iran und dem
Irak Teil einer antiwestlichen
Achse. Syriens relativ isolierte
internationale Position verlange eine besondere Stabilität innerhalb des Landes, soll
Bashar in Gesprächen innerhalb des Führungszirkels argumentiert haben. Das kann
wohl am besten übersetzt
werden mit Wiederherstellung der Hegemonie des Staates, der regierenden Ba’ath-Partei und des allmächtigen
Geheimdienstes.
Syriens Konservative hätten
sich - so sieht es im Rückblick
aus - vielleicht nicht durchsetzen können. Aber Washingtons Angriffe gegen den Irak
und die Unterstützung Israels
durch die USA gaben ihnen
Schützenhilfe. Ein syrischer
Liberaler kommentierte dies
schlicht so: "Bush und Sharon
haben den Hardlinern ein Geschenk gemacht." (Alan George/DER STANDARD, Printausgabe, 25.6.2002)