Nahost
Arafats Amtssitz umzingelt
Raketenangriff auf Taxis fordert sechs Tote - Hamas kündigt Vergeltung für "gezielte Tötung" an
Gaza/Ramallah - Die israelische Armee ist
erneut in Ramallah einmarschiert und hat das Hauptquartier des
palästinensischen Präsidenten Yasser Arafat mit Panzern umstellt. Bei
einem Kampfhubschrauberangriff sind am Montag im südlichen
Gaza-Streifen mindestens sechs Palästinenser getötet und zehn weitere
zum Teil schwer verletzt worden. Drei der Getöteten waren aktive
Mitglieder der radikalen Hamas-Gruppe, unter ihnen der 29-jährige
Yasser Rizk, den Israel für einen Überfall verantwortlich macht, bei
dem im Jänner vier israelische Soldaten getötet wurden. Nachdem die
Palästinenser-Regierung den Hamas-Gründer Scheich Ahmed Yassin unter
Hausarrest gestellt hat, ist es in Gaza zu schweren Zusammenstößen
zwischen Hamas-Anhängern und der palästinensischen Polizei gekommen.In Ramallah eingerückt
Dutzende Panzer und Militärfahrzeuge rückten vor Morgengrauen in
Ramallah im Westjordanland ein. Arafat hielt sich zum Zeitpunkt des
israelischen Einmarsches in seinem Hauptquartier auf. Vor dem Eingang
errichteten die israelischen Soldaten mit Hilfe eines Bulldozers eine
Barrikade aus Steinen und Schutt. Ein Militärsprecher bestätigte, die
Truppen hätten sich an "strategischen Punkten in der Stadt"
positioniert. Es war bereits das dritte Mal in diesem Monat, dass die
israelische Armee Arafats Amtssitz umstellte. In Hebron, Jenin und
anderen palästinensischen Städten wurden unterdessen rund ein Dutzend
mutmaßlicher Extremisten festgenommen, die auf der israelischen
Fahndungsliste standen. Insgesamt galt für fast 600.000 Palästinenser
eine Ausgangssperre, die in Nablus und Kalkilia am Montag
vorübergehend aufgehoben wurde, damit die Bewohner einkaufen gehen
konnten.
Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben ein führendes
Hamas-Mitglied "gezielt getötet". Soldaten hätten den 29-jährigen
Rizk, einen wichtigen Hamas-Mann in Rafah, getötet, sagte ein
Armeesprecher in Jerusalem. Rizk habe in den vergangenen Tagen
Selbstmordanschläge in Israel vorbereitet. Am Morgen hatten zwei
israelische Kampfhubschrauber nach palästinensischen
Krankenhausangaben zwei Fahrzeuge nahe Rafah mit Raketen beschossen.
Dabei seien sechs Palästinenser getötet und zehn weitere verletzt
worden. Unter den Toten seien ein zweiter Hamas-Mann sowie zwei
Brüder von Rizk gewesen. Demnach war Rizk krank und sollte ins
Krankenhaus gebracht werden.
Bush-Rede erwartet
Die Hamas kündigte Vergeltung für den israelischen Raketenangriff
an. Der "kriminelle Akt" werde nicht ungestraft bleiben, sagte ein
führendes Hamas-Mitglied der Nachrichtenagentur AFP. Die Europäische
Union und die Vereinten Nationen hatten die "gezielte Tötung" von
Palästinensern durch das israelische Militär scharf verurteilt und
als "inakzeptabel und gegen den Rechtsstaat gerichtet" bezeichnet.
Die gezielten Morde seien ein Hindernis für den Frieden und würden
nur neue Gewalt erzeugen.
Aus dem Weißen Haus in Washington verlautete unterdessen,
Präsident George W. Bush wolle seine Nahost-Rede noch am
Montag halten. Eine kurzfristige Verschiebung sei möglich, falls die
Entwicklung der Lage dies erfordere. Bushs Berater hätten dem
Präsidenten empfohlen, die Rede noch vor seiner Abreise zum G8-Gipfel
in Kanada am Dienstag zu halten. Wie es hieß, wollte Bush die
Errichtung eines palästinensischen Übergangsstaates vorschlagen. (APA/AP/dpa/Reuters)