Kobe/London - Englands Traum vom zweiten Fußball-WM-Titel nach 1966 endete am Freitag in Tränen. Versinnbildlicht durch David Seaman, der nach dem Schlusspfiff und dem 1:2 im Viertelfinale gegen Brasilien weinend von seinen Kollegen, allen voran Kapitän David Beckham, getröstet werden musste. Der 38-jährige Arsenal-Keeper, dessen Teamkarriere mit dem k.o. von Shizuoka wohl zu Ende gegangen ist, hatte den meisterlichen Freistoß von Ronaldinho aus großer Distanz zum Siegestreffer passieren lassen. "Ich möchte mich bei allen Fans und Leuten dafür entschuldigen", sagte Seaman. Doch das Ausscheiden der Engländer allein Seaman anzulasten, wäre mehr als ungerecht. Zwar nützte Owen vor der Pause einen gewaltigen Fehler von Lucio zum 1:0, doch nach dem Ausgleich von Rivaldo knapp vor dem Pausenpfiff und dem Kunstschuss (50.) des später ausgeschlossenen Ronaldinho vermochten die Briten trotz numerischer Überlegenheit einfach nichts Entscheidendes nachzulegen. Ein einziger Schuss aufs Tor nach der Pause gegen die angeblich so schwache brasilianische Abwehr war mehr als dürftig. Beckham: "Wir müssen hart arbeiten" "Ehrlich, ich hatte während des gesamten Turniers das Gefühl, wir würden den ganzen Weg bis zum WM-Titel gehen", gab Beckham zu. "Nun wir schafften es nicht. Daher müssen wir weiter hart an den Dingen arbeiten, die nicht so geklappt haben. Aber wir können stolz darauf sein, was wir mit unserer jungen Mannschaft hier erreicht haben", meinte der Kapitän. Sein größtes Erlebnis wäre der 1:0-Sieg gegen Argentinien gewesen, zu dem er mit einem verwandelten Elfer nicht unwesentlich beigetragen hatte. Nun werde sich die Mannschaft auf die nächsten Großereignisse (EM 2004 und WM 2006) konzentrieren. Mit weiterhin Sven-Göran Eriksson als Teammanager, geht es nach dem Schweden. "Der Gedanke, dass ich aufhören könnte, ist mir nie gekommen", sagte er. Die zweite Hälfte gegen seine Landsleute und die zweiten 45 Minuten gegen Brasilien klassifiziert er als die Tiefpunkte der englischen Leistungen bei dieser WM. "Ich bedaure vor allem, dass wir mit elf gegen zehn Mann nicht mehr herausholten", klagte Eriksson, der auch überzeugt davon ist, "dass wir den Titel hätten holen können". "Ein Zufallstreffer" Während Seaman von der englischen Presse wegen seines "katastrophalen Fehlers" niedergemacht wird, nimmt ihn sein Ex-Tormanntrainer Bob Wilson in Schutz. Der Schotte bezeichnete das Tor von Ronaldinho als "absoluten Zufallstreffer". Der hätte - wie auch von Seaman erwartet - eine Flanke schlagen wollen. "Ich glaube, wenn er das noch einmal tun müsste, den Ball aus dieser Distanz in die Kreuzecke zu schießen, dann würde er das vielleicht einmal bei 500 Versuchen schaffen", so Wilson. Ein schwacher Trost für den Arsenal-Keeper.(APA)