Aufatmen in der Wiener Kinoszene: Der Worst Case konnte abgewendet werden. Die traditionsreichsten Spielstätten der Bundeshauptstadt, das Gartenbau- und das Metro-Kino, werden nicht endgültig zugesperrt, obwohl die bisherigen Betreiber, die City Cinemas, im Februar in Konkurs gegangen sind. Schön, dass das renommierte Filmfestival Viennale nun weiterhin im Gartenbau stattfindet. Schön, dass die lokale Kulturpolitik mit der Zahlung von fast 400.000 Euro für Kinosubventionen damit einen schnellen Erfolg feiert.Das ist aber nicht mehr als eine Löschaktion. Eine Verschnaufpause, bis es am Filmmarkt wieder kracht. Denn strukturell wurde in den letzten Jahren hier wenig getan. Ein bisschen Investitions-, ein bisschen Kulturförderung. Die Megaplexe durften sich in den Ballungszentren fast ungehindert ausbreiten. Trotz insgesamt steigender Besucherzahlen bleiben nun die Kinosessel zu Tausenden leer. Mittlerweile hat ja auch schon ein Großkino zugesperrt. Dazu kommen die Relikte der Vergnügungssteuer und der Prädikatisierung. Um 800 Euro kann das "Prädikat wertvoll" von den Filmverleihern gekauft werden. Damit ist die Vergnügungssteuer (auf Landesebene) hinfällig - "Titanic" wird so zum Qualitätsfilm stilisiert, bei einer Low-Budget-Produktion ist die Ausgabe nicht drin. Weniger Steuer zahlt, wer sich mehr leisten könnte. Den Verleihmarkt dominiert die Constantin-Gruppe. Kino ist als Kulturgut förderwürdig, behaupten Kulturpolitiker. Dann sollten sie anfangen, sich langfristige Konzepte für Programmvielfalt, Förderrichtlinien und Investitionsanreize zu überlegen. Und jene - meist kleinen - Kinos und Verleiher unterstützen, die tatsächlich gut gemachte und wertvolle Filme zeigen. Dafür, so scheint's, reicht der politische Atem nicht. (DER STANDARD, Printausgabe, 26.6.2002)