Wien - Für den stellvertretenden Wirtschaftskammer-Generalsekretär Reinhold Mitterlehner ist alles klar: Die Senkung der Lohnnebenkosten ist von der Regierung versprochen - und zu haben ist sie am leichtesten über eine Senkung der Beiträge zur Unfallversicherung. Diese wird praktisch ausschließlich vom Dienstgeber finanziert - und sie bilanziert Jahr für Jahr positiv, weil es immer weniger Arbeitsunfälle gibt. "Stimmt nur teilweise", sagt Karl Klein, der als Arbeitnehmervertreter in der AUVA sitzt: "Wenn die Unfallversicherung eine Beitragssenkung schlucken muss, dann muss irgendwo gespart werden - und weil man am leichtesten bei den Aufwendung für die Unfallverhütung sparen kann, wird man eben dort sparen. Das heißt wiederum: Wenn die AUVA spart, gibt es mehr schwere Arbeitsunfälle - und damit mehr Folgekosten." Mitterlehner setzt dem entgegen, dass man schließlich auch die Verwaltungskosten senken könnte, dann wäre eine Senkung der Beiträge möglich - dies habe ja die Wirtschaftskammer vorexerziert, wo es Einnahmekürzungen um 30 Prozent gegeben habe. Die Kammer hat einfach einen Teil ihrer Leistungen eingeschränkt, Büros geschlossen und Mitarbeiter abgebaut. So einfach sei das bei der AUVA nicht, sagt deren (von Unternehmerseite gestellter) Obmann Helmut Klomfar: Er hat die reinen Verwaltungskosten seines Hauses innerhalb eines Jahres ohnehin um gut ein Zwanzigstel gesenkt und durchleuchtet alle Einrichtungen weiter - Leistungen aber könne er nicht ohne weiteres streichen. Dann nämlich würde der Charakter der AUVA als Haftpflichtversicherung der Unternehmer in Gefahr geraten: Wer einen Arbeitsunfall erleidet, hat immerhin Anspruch darauf, dass das durch die Berufstätigkeit entstehende Risiko voll abgedeckt wird. Klomfar rechnet, dass schon innerhalb eines Jahres ein Defizit entstehen würde: Wird der Unternehmerbeitrag von derzeit 1,4 Prozent der Lohnsumme auf 1,2 Prozent abgesenkt, so entsteht eine Lücke von 47 Millionen Euro - das sind 646,7 Millionen Schilling. In der letzten, noch in Schilling erstellten und von den zuständigen Gremien noch nicht abgesegneten Bilanz weist die AUVA noch einen Überschuss von 774 Millionen Schilling auf. Geld, das vor allem für den Ausbau der hochspezialisierten Unfallkrankenhäuser (derzeit entsteht ein Neubau in Linz) und für die Unfallverhütung aufgewendet wird. Klomfar denkt zur Entlastung der Wirtschaft zwei Modelle (bei gleich bleibender Beitragshöhe) an: Die AUVA könnte auch bei Freizeitunfällen Teile der heute allein vom Unternehmen zu tragenden Entgeltfortzahlung übernehmen - "das käme vor allem für Kleinunternehmen zum Tragen, die in ihrer Existenz gefährdet sind, wenn einer von drei Mitarbeitern länger ausfällt". Außerdem könnten die Leistungsberechtigten zur Kasse gebeten werden, wenn sie Leistungen der AUVA in Anspruch nehmen, obwohl das eigentliche Unfallgeschehen dem Freizeitbereich zuzuordnen ist. Hier hat sich die AK sofort quergelegt: Arbeitnehmerbeiträge zur AUVA kämen keinesfalls infrage. (Conrad Seidl/DER STANDARD, Printausgabe, 22./23. 6. 2002)