Washington - Das Oberste Gericht der USA hat die Hinrichtung geistig zurückgebliebener Menschen für verfassungswidrig erklärt. Mit der Mehrheit von sechs gegen drei Richterstimmen befand der Supreme Court in Washington am Donnerstag, dass solche Hinrichtungen gegen das Verfassungsgebot verstoßen, wonach keine "grausamen und ungewöhnlichen" Strafen verhängt werden dürfen. Nach Angaben des Informationszentrums über die Todesstrafe wurden seit 1976 in den USA 35 geistig Zurückgebliebene wegen Mordes hingerichtet. In 15 US-Staaten ist die Exekution dieser Menschen derzeit bereits verboten. Entscheidung von 1989 revidiert Für die Mehrheit schrieb Richter John Paul Stevens in der Begründung: "Wir sind nicht überzeugt, dass die Hinrichtung geistig behinderter Verbrecher dem abschreckenden oder dem vergeltenden Zweck der Todesstrafe messbar förderlich ist." Wie viele der über 3700 Insassen in den Todeszellen der USA von dem Urteil profitieren, war am Donnerstag nicht bekannt. Die Entscheidung fiel in einer Zeit wachsender Diskussionen über die Todesstrafe, die unter anderem ausgelöst wurden durch DNA-Analysen, die nachträglich die Unschuld bereits verurteilter Mörder erwiesen. Seit der Oberste Gerichtshof 1976 die Todesstrafe wieder zuließ, wurde sie in 35 der 775 Fälle an Mördern vollstreckt, die mit einem Intelligenzquotienten von 70 oder darunter geistig behindert waren, wie die Gegner der Todesstrafe sagen. Der Durchschnittswert liegt bei 100. Mit dem Urteil revidierte der Oberste Gerichthof eine Entscheidung aus dem Jahre 1989, als er die Hinrichtung geistig behinderter Mörder für vereinbar mit 8. Verfassungszusatz erklärte. Er verbietet grausame und ungewöhnliche Strafen. Damals verboten indes die Bundesregierung sowie zwei der 50 US-Staaten solche Exekutionen. Diese Zahl ist auf 18 der 38 Staaten angewachsen, in denen noch die Todesstrafe gilt. In zwölf Staaten ist sie ganz abgeschafft worden. Präsident George W. Bush hat sich auf die Seite der Gegner der Hinrichtung geistig Behinderter geschlagen. Das Rechtssystem der USA schütze Menschen, die nicht verstünden, was sie getan hätten, sagte er im vergangenen Jahr. Vor dem Obersten Gerichtshof ging es um den Fall Daryl Atkins. Er war 1996 in Virginia wegen der Ermordung eines Luiftwaffensoldaten bei einem Autodiebstahl zum Tode verurteilt worden. Bei ihm wurde ein Intelligenzquotient von 59 festgesellt, was dem eines kleinen Kindes entspricht. Das höchstrichterliche Urteil verwarf eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofes von Virginia, der die Todesstrafe bestätigt hatte. (APA)