Europa
Letzter Zeuge im Engel-Prozess will nichts gewusst haben
NS-Prozess in Hamburg neigt sich dem Ende zu
Hamburg - Der letzte Zeuge im Prozess gegen den
ehemaligen deutschen SS-Offizier Friedrich Engel hat am Mittwoch
keine Angaben zu der Erschießung von 59 italienischen Gefangenen im
Zweiten Weltkrieg gemacht. "Ich weiß von nichts", wiederholte der
ehemalige Leutnant der Kriegsmarine, der 80jährige Karl Heinrich M.,
immer wieder vor dem Hamburger Landgericht. Der mittlerweile
93-jährige ehemalige SS-Offizier Engel soll laut Anklage die
Verantwortung für die Aktion gehabt haben, hat aber mehrfach betont,
die Marine habe die Erschießung in Eigenverantwortung durchgeführt. Der Angeklagte war im Mai 1944 Leiter des Außenkommandos des
Sicherheitsdienstes (SD) in Genua. Er hat die Schuld an der
Erschießungsaktion mehrfach bestritten. Der SD sei nur für die
Vorbereitung zuständig gewesen. Die Exekutionen in der Nähe von Genua
waren als Vergeltung für einen Anschlag auf ein deutsches
Soldatenkino befohlen worden, bei dem fünf Soldaten getötet worden
waren. Zudem habe er damals gedacht, die Repressalie sei vom
Kriegsvölkerrecht gedeckt gewesen, sagte Engel mehrfach.
Der Zeuge M. betonte am Donnerstag, er habe auch von dem Anschlag
auf das Soldatenkino nie etwas erfahren. "Das klingt unglaublich",
entgegnete der Vorsitzende Richter Rolf Seedorf, doch M. blieb bei
seiner Aussage: "Es tut mir Leid, aber ich weiß von dieser
Angelegenheit nichts."
Auch die Vernehmung eines weiteren Zeugen hatte zuvor kaum
Erkenntnisse gebracht. Der mittlerweile 81-jährige ehemalige
Marine-Obergefreite Georg Josef S. konnte lediglich berichten, dass
er und seine Kameraden kurz nach dem Anschlag von einem Leutnant
gefragt worden waren, ob sie als Freiwillige an der Erschießung von
Partisanen teilnehmen wollten. Wer den Befehl zu dieser Erschießung
gegeben hatte, konnte S. aber nicht sagen.
Engel wurde 1999 in Abwesenheit von einem italienischen Gericht
wegen 246-fachen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. Er hat seit
Kriegsende weitgehend unbehelligt in Hamburg gelebt. Die
Staatsanwaltschaft in der Hansestadt ermittelte seit 1998 gegen ihn.
Der Prozess wird am Freitag mit der Verlesung weiterer Zeugenaussagen
fortgesetzt. Anschließend soll plädiert werden. Ein Urteil wird
spätestens für den 5. Juli erwarte.(APA/AP)