Etat
Wirbel um Ted Turner-Interview
... über Terror in Nahost ... CNN distanziert sich von Stellungnahme des "Privatmanns"
Ted Turner, der Gründer des TV-Senders CNN, hat
mit einem Interview über Terrorismus im Nahen Osten in den USA für
Aufregung gesorgt. In dem mit der britischen Tageszeitung "Guardian"
geführten Interview wirft Turner den Israelis und Palästinensern
gegenseitigen Terror vor: "Terrorisieren die Israelis und
Palästinenser einander nicht gegenseitig?" fragt er. CNN hat sich in
einer Stellungnahme umgehend von den Äußerungen Turners distanziert.
Der republikanische Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus, Tom DeLay,
fordert eine Entschuldigung Turners.Beide Seiten in Terrorismus verwickelt
"Die Palästinenser kämpften mit Selbstmordattentätern, das ist
alles was sie haben", sagt Turner in dem am Dienstag veröffentlichten
Interview, das laut ihm schon vor zwei Monaten geführt wurde, "Die
Israelis haben eine der stärksten Militärmaschinerien der Welt. Die
Palästinenser haben nichts. Also, wer sind die Terroristen? Ich würde
sagen, dass beide Seiten in Terrorismus verwickelt sind".
In einer am Dienstag via CNN verbreiteten Stellungnahme Turners zu
dem Interview stellt der Medienzar klar dass er in dem Gespräch mit
dem "Guardian" die Gewalt im Nahen Osten verurteilt habe, "egal auf
welcher Seite. "Aber ich möchte absolut klarstellen, dass meine
Meinung war - und ist - dass es einen grundlegenden Unterschied
zwischen der israelischen Regierung und den Palästinensern gibt",
führt Turner aus. "Ich glaube, die israelische Regierung hat
übermäßige Gewalt zur Selbstverteidigung eingesetzt, aber das ist
nicht dasselbe wie das absichtliche Töten von Zivilisten durch
Selbstmordattentäter".
Entschuldigung und Zurücknahme gefordert
Trotz dieser relativierenden Stellungnahme wurde Turner in den USA
scharf kritisiert. Eine Entschuldigung und die Zurücknahme der
Erklärung forderte der Abgeordnete Tom DeLay, republikanischer
Mehrheitsführer im Repräsentantenhaus. "Ted Turner hat bereits viel
Falsches gesagt, aber der Versuch den Terror gegen Israel zu
rechtfertigen indem er ein moralisches Gleichgewicht herstellt stellt
einen neuen Tiefpunkt dar", sagte DeLay. Ein Sprecher der
israelischen Regierung verurteilte die Aussagen von Turner und
bezeichnete sie als "dumm". Ein Minister der palästinensischen
Regierung würdigte die Erklärungen hingegen als "guten Ansatz".
CNN distanziert sich
Der TV-Sender CNN distanzierte sich umgehend öffentlich von der
"privaten Stellungnahme" von Ted Turner, Vizepräsident des
CNN-Mutterkonzerns AOL Time Warner. "Der Sender stellt klar, dass
Turner keinerlei Einfluss auf die Programmgestaltung und die
inhaltliche Ausrichtung von CNN hat", hieß es in einer Erklärung, die
während eines Nachrichtenblocks verlesen wurde. Die am 16.April in
dem Interview mit dem "Guardian" gemachten Aussagen habe Turner als
"Privatmann" getroffen.
Das Verhältnis zwischen Israel und CNN werde nach diesem Interview
nicht einfacher, kommentiert der "Guardian". In den USA haben in den
vergangenen Monaten mehrere jüdische Gruppen dem Nachrichtensender
Voreingenommenheit zu Gunsten der Palästinenser vorgeworfen und
teilweise zum Wechsel von CNN zu Fox-News, dem Sender von Rupert
Murdoch, aufgerufen. Vor drei Monaten habe allerdings
Palästinenserpräsident Yasser Arafat ein Interview mit
CNN-Chefreporterin Christiane Armanpour verärgert abgebrochen und ihr
Parteinahme für Israel vorgeworfen, erinnert die Zeitung.
"Mutig" aber "ein bisschen verrückt"
Der 63-jährige CNN-Gründer Ted Turner war heuer bereits einmal mit
öffentlichen Aussagen in den USA in die Schlagzeilen geraten. Im
Februar hatte er bei einer Rede in Rhode Island gemeint, die
Selbstmordattentäter, die in das World Trade Center geflogen waren,
wären "mutig" aber "ein bisschen verrückt" gewesen. Gegenüber dem
"Guardian" bezeichnete er dies jetzt als "unglückliche Wortwahl". Das
Wort "mutig" (brave) sei ihm einfach "herausgerutscht", weil er es
als Besitzer des "Atlanta Braves Baseball-Team" ständig benutze, so
der Milliardär. (APA)