Unternehmen
Zurück in die Schublade
Verbund setzt Kraftwerkspläne wegen unsicherer Ökoenergie-Zukunft nicht um
Wien - Weil die künftigen
Rahmenbedingungen für die
Ökoenergie in Österreich völlig in den Sternen stehen, hat
die Verbundgesellschaft bereits genehmigte Kraftwerksbauvorhaben auf Eis gelegt.
Zwar gibt es auf dem Papier
einen Markt für Grünstrom,
aber der dafür entwickelte
Zertifikatshandel funktioniert
überhaupt nicht.Insgesamt hat der Verbund
eine Hand voll Projekte fix fertig in der Pipeline mit einer
Erzeugung von 200 Mio. Gigawattstunden. Das entspricht
immerhin einem Fünftel der
Produktion des neuesten Verbund-Donaukraftwerks Wien-
Freudenau, erläutert Herbert
Schröfelbauer, Vorstand der
Verbund-Erzeugungsgesellschaft AHP. Er hofft auf ein
Ende der Rechtsunsicherheit,
die durch die länderweise unterschiedlichen Ökostromgesetze verschärft wird. Derzeit
wird im Parlament um eine
bundesweite Regelung für
Grünstrom gerungen.
Projekte
Schröfelbauer nannte zwei
Projekte, bei denen die Signale
derzeit auf Rot stehen. In Leoben in der Steiermark könnte
der Verbund schon binnen eines Jahres mit dem Bau eines
Wasserkraftwerkes loslegen.
Mit unter zehn Megawatt wäre
die Anlage ein Kleinkraftwerk.
Eine Dimension größer wäre
das Projekt Werfen/Pfarrwerfen, sagte der AHP-Vorstand.
Der Bau dieser Anlage an der
Salzach - über der magischen
Zehn-Megawatt-Schwelle -
würde besonders vom Land
Salzburg eingemahnt, wegen
möglicher neuer Jobs.
Absurditäten
Als Beispiel für die Absurditäten der länderweisen Regelungen für Grünstrom nannte Schröfelbauer das Verbundkraftwerk in St.
Andrä in
Kärnten. Dort wird die Biomasseerzeugung nicht als erneuerbare Energie anerkannt.
Regenerativ ist per Landesgesetz nämlich nur jene Energie,
die in ein Verteilnetz (Niederspannung) eingespeist wird.
Pech für den Verbund: Weil
die Anlage in Kärnten eine
Großanlage ist, wird der Strom
mit Hochspannung über das
Übertragungsnetz geschickt.
Erfüllung der Öko-Vorgaben in weiter Ferne
Der De-facto-Baustopp bei
neuen Wasserkraftanlagen
wird es Österreich noch
schwerer machen, die Ökovorgaben der EU zu erfüllen:
Der Anteil erneuerbarer Energieträger, wie Kleinwasserkraft, Wind, Biomasse oder
Sonne soll von jetzt 70 Prozent
auf 78 Prozent im Jahr 2010
klettern. "Ohne Wasserkraft
geht das sicher nicht", ist
Schröfelbauer überzeugt. Was
dazu kommt: Der Bau neuer
Anlagen dauert von Planung
bis Eröffnung zumindest sieben Jahre, im Schnitt sind es
gar zehn Jahre.Das
Erreichen der Ökoziele wird
aber in Realität eine noch viel
größere Kraftanstrengung erfordern; schließlich muss der
jährliche Zuwachs des Stromverbrauchs (plus 1,6 Prozent
im Jahr, also stärker als die
Konjunktur) auf die Ziele aufgerechnet werden. (Clemens Rosenkranz, DER STANDARD, Printausgabe 19.6.2002)