Gerade zeichnete sich noch im Medienkrimi um die Überreste des einstigen Kirch-Imperiums ein möglicher Bieter-Wettkampf zwischen den Verlagsriesen WAZ und Springer ab. Doch Montagabend ließ ein WAZ-Sprecher verlauten: Die WAZ-Gruppe (in Österreich beteiligt an "Krone" und "Kurier") will nicht zusammen mit der Commerzbank und dem US-Medienunternehmen Columbia für die insolvente KirchMedia bieten. "Auf der Basis der gegenwärtigen wirtschaftlichen Daten und Konstellationen hat die WAZ-Geschäftsführung ihren Gesellschaftern vorgeschlagen, keine Beteiligung an Kirch einzugehen", sagte der Sprecher.Auch nach der Absage der WAZ-Gruppe will die Commerzbank ein Konsortium zur Übernahme der KirchMedia bilden. "Wir bedauern die Absage der WAZ, werden das Projekt aber auch ohne sie weiter verfolgen", sagte Commerzbank-Vorstand Wolfgang Hartmann der Nachrichtenagentur Reuters. Der Beschluss, sich nicht an KirchMedia zu beteiligen, sei einstimmig gefallen, sagte der WAZ-Sprecher weiter. Die WAZ-Geschäftsführung habe immer betont, dass geprüft werde, aber eine Entscheidung noch nicht gefallen sei. Mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens für die KirchMedia fiel der Startschuss für die offizielle Suche nach Investoren. "Jeder Tag, an dem sich die Sache Kirch in Richtung einer sinnvollen Lösung bewegt, ist ein gewonnener Tag", hieß es bei einer Gläubigerbank. Laut Branchenkreisen haben beide Verlagsgruppen Interesse an einem Einstieg. Sie könnten dadurch vor allem massiv in das TV-Geschäft einsteigen, da zur KirchMedia auch der profitable Fernsehkonzern ProSiebenSAT.1 gehört. Springer bastelt dabei an einem Bündnis mit dem Heinrich Bauer Verlag. Konsortium WAZ/Commerzbank/Columbia Bei den Gläubigerbanken der KirchGruppe sieht man das immer größere Interesse an dem Kern der früheren KirchGruppe mit Wohlwollen. "Das ist ein Indiz dafür, dass man einen vernünftigen Preis herausschlagen kann", sagte ein Branchenkenner. Das Konsortium um Commerzbank und Filmstudio Columbia will dem Vernehmen nach knapp zwei Mrd. Euro bieten. Die Banken hoffen auch wegen des Springer-Interesses auf einen höheren Erlös. Dadurch könnten sie einen großen Teil ihrer Kredite zurückbekommen. Springer-Einstieg ergäbe Sinn Ein Bieterwettstreit zwischen Springer und WAZ um die frühere Kerngesellschaft der KirchGruppe wäre in vielerlei Hinsicht pikant gewesen. "Eine Übernahme der KirchMedia durch Springer wäre schon eine Ironie der Geschichte", sagt ein Branchenkenner. Schließlich hatte Leo Kirch lange Jahre seinerseits versucht, sich gegen den Widerstand des Verlags eine Mehrheit am Springer-Verlag zu sichern. "Die Zeiten haben sich seither aber für alle Beteiligten geändert", hieß es in Finanzkreisen. Auch der Springer-Verlag stehe angesichts der zuletzt schwachen Entwicklung strategisch unter Druck. Ein Einstieg bei der KirchMedia ergebe Sinn. Konsortium Springer/Bauer Nach dem wirtschaftlichen Niedergang der KirchGruppe interessierte sich auch die WAZ für eine Übernahme der 40-Prozent- Beteiligung Kirchs am Springer-Verlag. Verlegerwitwe Friede Springer lehnte einen Einstieg des Konkurrenten aber kategorisch ab. Die beiden Verlage passten nicht zusammen. Das könnte nach Einschätzung in der Branche auch an der politischen Ausrichtung liegen. Die WAZ-Gruppe gilt als SPD-nah, während Springer - wie bisher auch die KirchGruppe - eher dem konservativen Lager zugeordnet wird. "Die Zeiten sind aber nicht danach, dass man seine Investments nach der politischen Ausrichtung entscheidet", heißt es in Verhandlungskreisen. Im übrigen sei ohnehin noch nicht entschieden, wer bei welchem Konsortium mit ins Boot steigt. Springer und Heinrich Bauer sind für die Aufnahme weiterer Partner bei einer möglichen Übernahme offen, von der Commerzbank ist das nach dem Ausscheiden der WAZ-Gruppe aus dem Konsortium ebenfalls anzunehmen. "Wir werden noch viele Überraschungen erleben" Springer ist laut Branchenkreisen an einer Beteiligung von mehr als 25 Prozent interessiert. Für die Finanzierung bräuchte der Verlag wohl die Unterstützung einer Bank, laut Spekulationen in Finanzkreisen dürfte es sich dabei um die Deutsche Bank handeln. Stemmen könnte der Verlag laut Branchenkreisen ein solches Engagement. Allerdings sind bei den meisten Interessenten noch keine endgültigen Entscheidungen getroffen. "Wir werden noch viele Überraschungen erleben", heißt es in Verhandlungskreisen. Die erste war das Adieu der WAZ, deren Interesse schon als fix und aussichtsreich gehandelt wurde. (APA/dpa)