"Offener Brief an die Mitglieder der Österreichischen Bischofskonferenz und an Herrn Nuntius DDr. Donato Squicciarini Sehr geehrte Herren, aufgrund der vielfältigen Reaktionen auf die von uns veranstaltete Tagung „Frauen feiern Liturgie“ und die Frauenliturgie im Linzer Dom am 1. Juni 2002, finden wir es an der Zeit auch Stellung zu nehmen. Unsere Absicht war, eine Tagung zu veranstalten, bei der Frauen aus ganz Österreich und dem angrenzenden deutschsprachigen Ausland ihre Erfahrungen mit den nun schon seit 2 Jahrzehnten stattfindenden Frauenliturgien austauschen und aktuelle Entwicklungen diskutieren können. Es freute uns sehr, dass Frau Univ.Prof. DDr. Teresa Berger unserer Einladung folgte, den Einführungsvortrag zu halten. Frau Univ.Prof. Teresa Berger musste, obwohl sie eine der bestqualifizierten LiturgiewissenschafterInnen im deutschsprachigen Raum ist, in die USA „auswandern“, um unterrichten zu können, weil ihr bis heute von Rom das Nihil obstat verweigert wird. Etwa 120 Frauen und einige Männer aus ganz Österreich, Bayern und Südtirol versammelten sich am 31. Mai abends zum Vortrag „Frauenliturgie – eine weltweite Bewegung und eine Anfrage an die Kirchen“. Wesentlich gestört wurde der Vortrag jedoch durch das Auftreten der Herren Engelmann junior und senior, von Herrn Humer und einem Kameramann. In einer Weise, die Ihnen sicher von anderen Veranstaltungen her bekannt ist, wurde beständig fotografiert (die Referentin, aber auch das Publikum), alles auf Kassette aufgenommen (Filmaufnahmen wurden von uns und auf Bitten der Referentin nicht zugelassen) und eine Reihe von Anfragen gestellt, die mit dem Thema nichts zutun hatten. Vor allem wurde von den Herren beharrlich darauf insistiert, dass sich Frau Prof. Berger doch zur Priesterin weihen lassen wird, obwohl sie bereits zweimal klargestellt hatte, dass sie „von Gott dazu nicht berufen ist“. Unsere höfliche Bitte (nach 20 Minuten) das Fotografieren während des Vortrags zu unterbrechen, wurde vom Herrn Engelmann jun. abgelehnt und Herr Engelmann sen. war sofort mit dem Aufnahmegerät zur Stelle und wollte unsere Namen wissen und behauptete keinen Fotografen gesehen zu haben. Dann rief er laut ins Publikum „Hier wird Journalismus unterbunden.“ Diese, seine Methoden ungeliebte Veranstaltungen zu stören und das Publikum einzuschüchtern, sind hinreichend bekannt, aber dennoch sehr ärgerlich. Weit betroffener macht uns jedoch, dass den Anzeigen und Verleumdungen die offenbar bis nach Rom gingen, so viel Gehör geschenkt wird. Anders ist nicht zu erklären, wie es dazu kam, dass der Präfekt der Kongregation für den Gottesdienst und die Sakramentenordnung, Kardinal Jorge Medina Estévez, sich gedrängt fühlte, die geplante liturgische Feier im Dom zu verbieten und Bischof Aichern sich verschiedentlich rechtfertigen musste, diese Tagung und diese Feier in seiner Diözese zugelassen zu haben. Es war von uns niemals geplant, dass bei der Feier priesterliche Handlungen vollzogen würden, die Frauen verboten sind und das war auch nicht der Fall. Wir haben eine Frauenliturgie gefeiert, wie sie seit Jahrzehnten in allen Teilen der Welt von Frauen gefeiert werden. Interessierte, solidarische Männer waren herzlich eingeladen, wir bedauern, dass niemand von Ihnen dieser Einladung gefolgt ist. Diese vermutlich erste Frauenliturgie in einem Dom weltweit ist zweifellos ein historisches Ereignis. Wir bedauern sehr, dass es viele Amtsträger offenbar jedoch nicht mit Freude, sondern mit Sorge erfüllt. Einmal mehr hat sich gezeigt, dass die kritisch denkenden und suchenden Frauen, die sich (noch) der Kirche zugehörig fühlen und diese (auch liturgisch) mitgestalten wollen, nicht als Bereicherung, sondern als Bedrohung erlebt werden. So stellen sich die Fragen: Was müssen Frauen, wie Univ.Prof. Teresa Berger tun um einen Lehrstuhl zu bekommen? Was müssen wir tun um mit unseren Anliegen von Ihnen ebenso ernstgenommen und unterstützt zu werden, wie Herr Engelmann und Co.? Doris Gabriel, kardinal-könig-haus, Wien Maria Eicher, Österreichisches Frauenforum Feministische Theologie, Linz Tagungsorganisatorinnen An dieser Stelle ist es uns noch wichtig zu erwähnen, dass es bei allen Angriffen für uns auch wichtige Unterstützung gab: sowohl die österreichischen Jesuiten, als auch die Diözese Linz, stellten klar, dass sie das Anliegen der Tagung und die Frauenliturgie-Bewegung wertschätzen und unterstützen."