Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass sich seine Berufsauffassung grundlegend von der seiner Politikerkollegen unterscheidet und quasi postmodern angelegt ist. Dem coolen Kärntner gilt das Zitat, das seinen Job strukturell beschreibt - "Nulldefizit" -, als stilbildend und inhaltsfüllend zugleich. Und anders als manchem Altpolitiker, der schon weg war, ohne es je sein zu wollen, kann man Grasser glauben, dass er sofort weg ist, wenn er nicht mehr will: Er war noch keine hundert Tage im Amt, als man ihn schon überlegen hörte, dass es ja nicht Ende und Höhepunkt eines Berufslebens sein könne, Finanzminister in Österreich zu sein.Wahrscheinlich macht, neben der glänzenden Oberfläche, ebendieser legere Umgang mit seinem Amt den Charme der Marke Grasser aus - neben der ein wenig pervers anmutenden Zuneigung, welche die Österreicher ausgerechnet den Politikern entgegenbringen, die ihnen professionell das Geld aus der Tasche ziehen. Jetzt hat Grasser, mit den besten Sympathiewerten aller FP-Politiker gut abgepolstert gegen potenzielle Hacklwerfer aus den eigenen Reihen, nachdrücklich festgelegt: Entweder die nachhaltige Budgetsanierung werde tatsächlich als solche fixiert, oder er verabschiede sich aus der Politik. Das Geld für Steuerzuckerln, so Grassers Botschaft, werde er nur herausrücken, wenn er es danach von den Beschenkten auch wieder zurückholen kann. Offen anzukündigen, dass denen vom kurzen Glück per saldo nichts bleiben wird, ist eine Qualität der Offenheit, die Grasser eigentlich den Dank der FPÖ garantieren müsste: Nach dem Fall Gaugg wäre das ein Beleg für Verlässlichkeit, den die FPÖ dringend nötig hätte. Natürlich ist niemand dankbar, auch deswegen nicht, weil Grasser gegen einen traditionellen Geschäftsbrauch verstößt: zuerst etwas zu versprechen und dann auf das kurze Gedächtnis der Adressaten zu hoffen. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.6.2002)