KP durchbrach mithilfe der anderen Parteien die Isolation - Zweiter Platz in vier Regionen Prag - In Tschechien ist gegenwärtig Kirschensaison. Das gilt jedoch nicht nur für die Obstmärkte, sondern seit Samstag sprichwörtlich auch für die tschechische Innenpolitik. Rote Kirschen sind nämlich seit 1990 das offizielle Logo der Kommunistischen Partei Böhmens und Mährens (KSCM), jener Partei also, die am Wochenende mit 18,5 Prozent ihr bestes Wahlergebnis seit der Wende einfahren konnte und von vielen als der eigentliche Gewinner der Wahlen bezeichnet wird.Über die Ursachen gibt es vorerst keine handfesten Daten, aber es gilt als sicher, dass dieser nicht nur mit der geringen Wahlbeteiligung zusammenhängt. Die tschechischen Kommunisten fühlen sich nämlich schon seit längerem im Aufwind, was nicht zuletzt am immer selbstbewusster werdenden Auftreten von Parteichef Miroslav Grebenícek zu erkennen ist. Während der vergangenen vier Jahre mauserte sich die KP zum verlässlichsten Bündnispartner der sozialdemokratischen Minderheitsregierung von Premier Milos Zeman und unterstützte im Parlament fast alle wichtigen Vorlagen und Initiativen des Kabinetts. Den Höhepunkt fand dieses langsame Herausführen der Kommunisten aus der Isolation im April dieses Jahres, als das Parlament einstimmig eine Resolution zu den Benes-Dekreten verabschiedete, an deren Formulierung die Kommunisten von Beginn an beteiligt waren. Besonders stark waren die Kommunisten diesmal in vier Regionen, wo es ihnen gelang, den zweiten Platz gleich hinter den Sozialdemokraten einzunehmen: in Ustí nad Labem (Aussig), Jihlava (Iglau), Olomouc (Olmütz) und Ostrava (Ostrau). In allen vier Fällen handelt es sich um Gebiete mit hoher Arbeitslosigkeit. Erstmals gelang es den Kommunisten auch, auf Bezirksebene zu gewinnen. Von den insgesamt 81 tschechischen Bezirken konnte die "Kirschen-Partei" in dreien die relative Mehrheit erringen: im nordböhmischen Louny, im westböhmischen Bezirk Tachov und nicht zuletzt im Bezirk Znojmo (Znaim) an der Grenze zu Österreich. Die geringe Wahlbeteiligung war dafür ausschlaggebend, dass die Kommunisten unerwartet gut in den tschechischen Großstädten abgeschnitten haben und selbst in Prag auf einen Stimmenanteil von 11,1 Prozent kamen. (rsr/DER STANDARD, Print, 17.6.2002)