Wien - Und dem mächtigen Uraufführungszweiklang, welcher Samstagabend zwischen dem Musikverein und dem Haus am Ring ertönte, fügte sich in der Kunsthalle noch ein dritter, kleiner dimensionierter Beitrag hinzu: Wolfgang Suppans Zerbrochene Klänge erwiesen sich als dem Filigranen, Volatilen verpflichtet; der 90-Sekünder eröffnete mit berührender Zartheit das Schlusskonzert der Orpheus.Klangwege . Für fünf Wochen lang war ja vom Orpheus Trust etwa ein halbes Hundert kleiner gelbgrüner Musikboxen an diversen Haustoren in Wien-Neubau befestigt worden, es sollte solcherart an die vom NS-Regime vertriebenen Musiker dieses Bezirks erinnert werden. Hans Holewa lebte bis 1937 in der Richtergasse 4; seine nach Suppan dargebotenen Concertinos Nr. 4 & 7 bestachen durch mal prall strömende (Nr. 4), mal zerklüftete Expressivität (Nr. 7). Eiko Morikawa, eine in Berlin lebende gebürtige Japanerin, sang dann Anton Weberns Fünf geistliche Lieder mit einer kompakten, hochdrehmomentigen, mit großer Eleganz und Leichtigkeit geführten Sopranstimme; Florian Müller gab Holewas (er emigrierte nach Schweden) Ballad i fyra strofer mit kraftvoller Solidheit und technischer wie emotionaler Präzision wieder. Brachte das Klangforum Wien unter Sylvain Cambreling die beiden Holewas korrekt und professionell engagiert zur Aufführung, so steigerte sich das Ensemble bei Schönbergs Drei kleinen Stücken für Kammerorchester sowie Weberns Sechs Stücken für Kammerorchester quantenspringend zu einer prallen, sinngefüllten Intensität: so erschreckend echt und von selbst verständlich und die Seele aufreißend, wie Kunst eben sein muss. (DER STANDARD, Printausgabe, 17.6.2002)