Mensch
Kleptomanische - meistens weiblich
Frauen leiden häufiger unterm Stehltrieb als Männer
Münster - Frauen leiden nach einer Untersuchung der
Universität München viel häufiger an krankhaftem Stehltrieb - so
genannter Kleptomanie - als Männer. Darauf hat im Zusammenhang mit
dem Diebstahlsprozess gegen die US-Filmschauspielerin Winona Ryder
der Diplompsychologe Steffen Fliegel von der Gesellschaft für
Klinische Psychologie und Beratung in Münster hingewiesen. Entsprechend groß sei die Quote der Frauen, die von Gerichten nach
Ladendiebstählen für schuldunfähig erklärt und zu Psychotherapien
verpflichtet würden, sagte Fliegel. Insgesamt gehörten aber weniger
als fünf Prozent der Ladendiebe zum Kreis der Kleptomanen. Und die
erwischten Ladendiebe sind nach einer vom deutschen Bundeskriminalamt
bestätigten Zahl meist Männer (2000: 281.033 im Vergleich zu 185.225
Frauen). In Deutschland werden laut Fliegel jährlich Waren im Wert
von 2,2 Mrd. Euro aus Einzelhandelsgeschäften gestohlen, meist CDs,
Software, Parfüms, Unterwäsche und Jeans. 70 Prozent der Ladendiebe
seien zwischen zwölf und 30 Jahre alt.
Erotischer Thrill
Die Gründe für die Stehlsucht sind nach Angaben des Therapeuten
vielfältig. "Nur in seltenen Fällen spielt Armut eine Rolle.
Kleptomanen kommen auch keineswegs vorzugsweise aus sozial schwachen
Milieus." Zum Stehlen veranlasse vielmehr ein Zwang, eine Sucht oder
ein Rausch, der sogar zur sexuellen Erregung führen könne. Manchmal
sei auch der Wunsch nach Aufmerksamkeit infolge innerer Einsamkeit
die Ursache krankhaften Stehlens.
Ein Rolle beim Stehlen spielten zudem die Sehnsucht nach Abenteuer
und Nervenkitzel, erklärte der 54-jährige Verhaltensexperte. "Manche,
besonders Jugendliche, wollen auch einfach nur Mut beweisen, um ihre
Stellung in der Clique zu stärken." Erster Schritt auf dem Weg zur
Befreiung vom Stehltrieb sei, mit sich selbst, Bezugspersonen oder
einem Psychotherapeuten die tieferen Ursachen herauszufinden. (APA)