Panorama
Gefangen im antarktischen Treibeis
Auf der "Magdalena Oldendorff" wartet man in Dunkelheit und Kälte
Kapstadt/Moskau/Lübeck - Das im antarktischen Treibeis
eingeschlossene deutsche Schiff "Magdalena Oldendorff" muss noch etwa
zehn Tage auf Hilfe warten. Am Sonntag sollte aus dem
südafrikanischen Hafen Kapstadt ein Eisbrecher auslaufen, um die 107
Menschen an Bord, darunter 2 Deutsche - der Koch und der Eislotse -
zu befreien. Allen gehe es gut, berichtete Gerald Hagemann vom
"Antarctica Logistics Centre" in Kapstadt, der die Rettung mit
organisiert. Viel mehr als warten könnten die überwiegend russischen
Forscher allerdings nicht. Zur Zeit ist in der Antarktis Winter, hell
werde es nur drei bis vier Stunden pro Tag. Die Temperaturen lägen
bei minus 32 Grad Celsius. Wie der russische Polarforscher Wjatscheslaw Martynow telefonisch
der russischen Agentur Itar-Tass in Kapstadt sagte, sind die
Lebensmittelvorräte für die 107 Mann an Bord rationiert worden. So
werde das Essen bis Anfang Juli reichen. Treibstoff habe man noch für
zwei Monate an Bord. Das Schiff befinde sich auf dem 0. Längengrad
und etwa 70. Breitengrad, etwa 2226 Seemeilen südlich von Kapstadt,
an einem "sicheren Ort" und sei auch nicht festgefroren, sagte
Hagemann. Am Mittwoch sollte auch ein argentinischer Eisbrecher aus
Buenos Aires zur "Magdalena Oldendorff" auslaufen.
In sauberster Umgebung - aber bitter kalt
Die "Magdalena Oldendorff", deren Reederei in Lübeck sitzt, ist
von dem russischen Arktis- und Antarktis-Forschungsinstitut (AARI)
gechartert worden und hatte am 12. April Kapstadt verlassen. Nachdem
das Schiff mehrere Forschungsstationen im Südpolarmeer mit Proviant
und Ausrüstung versorgt und von der Plattform Nowolasarewskaja 79
Wissenschaftler aufgenommen hatte, geriet es auf dem Rückweg in die
Eisfalle. Seit dem 30. Mai sitze es fest. Nach Angaben von Hagemann
liegt ein 40 bis 50 Meilen breiter massiver Eisgürtel vor der
"Magdalena Oldendorff", die eigentlich als eistauglich gilt. Es sei
ungewöhnlich, dass dort spät im Winter noch so dicke Eismassen im
Meer schwämmen. Aus Sicherheitsgründen wolle der Kapitän den Gürtel
nicht durchbrechen.
In der Antarktis, die noch die sauberste Luft und das sauberste
Wasser der Erde hat, gibt es rund 40 Forschungsstationen zahlreicher
Nationen. Im Winter leben dort rund 1.000, im Sommer bis zu 3.000
Wissenschafter, die vor allem versuchen, die Wasser- und Eisbilanz
der Region zu klären, die von entscheidender Bedeutung für die
weltweite Klimaentwicklung ist.
In der Südpolzone herrscht ein extrem raues Klima: Die
Temperaturen können minus 90 Grad im Winter erreichen, auch im Sommer
steigen sie selten über den Gefrierpunkt. Eisfreie und gleichzeitig
nahezu vegetationsfreie Flächen gibt es nur an den Küsten. Bei
Stürmen treten Windgeschwindigkeiten von mehr als 300 Kilometern pro
Stunde auf. (APA)