Montral/London/Wien - Die tägliche Einnahme des Medikaments
"Acarbose", das bei Typ-2-Diabetikern ("Altersdiabetes") zur Senkung
des Blutzuckerspiegels eingesetzt wird, kann den Ausbruch der
Erkrankung bei Gefährdeten verhindern. Die "Schutzrate" liegt bei 25
Prozent. Dies geht aus einer internationalen Studie hervor, an der
auch österreichische Wissenschafter mitgewirkt haben. Die Ergebnisse
werden in der neuesten Ausgabe der britischen Medizin-Fachzeitschrift
"The Lancet" (15. Juni) veröffentlicht. "Acarbose könnte man entweder als Alternative zur Veränderung des
Lebensstils oder zusätzlich verwenden, um den Ausbruch des
Typ-2-Diabetes bei Patienten mit einer beeinträchtigten
Glukose-Toleranz hinauszuschieben", stellen Jean-Louis Chiasson
(Universitätsklinik von Montreal) und die Co-Autoren im "Lancet"
fest.
"Syndrom X" als Vorstufe
Der Typ-2-Diabetes entwickelt sich bei den Betroffenen zumeist ab
dem 50. Lebensjahr. Übergewicht, ein zu hoher Cholesterinspiegel,
mangelnde Bewegung etc. führen zum so genannten "Syndrom X" als
Vorstufe. Es kommt zu einem zu geringen Ansprechen des Körpers auf
das in der Bauchspeicheldrüse produzierte Insulin zur Senkung des
Blutzuckerspiegels ("Insulinresistenz"). Die Bauchspeicheldrüse
reagiert mit noch mehr Insulinproduktion und versagt schließlich.
Die internationale Wissenschaftergruppe mit österreichischen
Diabetologen wie Univ.-Prof. Dr. Guntram Schernthaner (Krankenhaus
Rudolfstiftung in Wien) als Co-Autoren versuchte nun, durch die
Verabreichung des oralen Antidiabetikums "Acarbose" bei Patienten in
diesem Vorstadium des Typ-2-Diabetes den Ausbruch der eigentlichen
Zuckerkrankheit zu verhindern. Von 1.429 Betroffenen im Durchschnitt
von 55 Jahren erhielt die Hälfte Probanden drei Mal täglich je 100
Milligramm Acarbose oder ein Scheinmedikament (Placebo). Die
Beobachtungszeit betrug durchschnittlich 3,3 Jahre.
Ergebnisse der Studie
42 Prozent der Probanden, die im Diabetes-Vorstadium das
Scheinmedikament erhalten hatten, wurden zuckerkrank.
Bei den Testpersonen, welche das echte Arzneimittel erhalten
hatten, waren betrug der Anteil der Diabetiker nach Ende der Studie
32 Prozent. Das entsprach einer Verringerung des Risikos, an Diabetes
zu erkranken, um 25 Prozent.Die Wirkung von Acarbose
Acarbose - ein Medikament das schon seit rund zehn Jahren zur
Behandlung der Typ-2-Zuckerkrankheit eingesetzt wird - hemmt im
Dünndarm Enzyme, welche zur Aufspaltung von Mehrfachzuckern führen.
Dadurch wird die Entstehung von Monosacchariden verzögert, die dann
durch den Darm in den Blutkreislauf aufgenommen werden. Das führt zu
einer Glättung bzw. Verringerung der Blutzuckerspiegel.
In den vergangenen Jahren wurden mehrere Strategien erfolgreich
erprobt, um den Ausbruch des Typ-2-Diabetes bei Gefährdeten zu
verhindern. So erklärte der Wiener Diabetologe Univ.-Prof. Dr.
Guntram Schernthaner im November vergangenen Jahres: "Laut neuesten
Epidemiologischen Studien könnten wir 80 bis 90 Prozent aller
Diabetes-Fälle durch einen optimierten Lebensstil verhindern."
Dazu gehören Bewegung, Abnehmen und eine Senkung des
Cholesterinspiegels. Mit modernen Cholesterin-senkenden Medikamenten
(Statine) konnte eine Schutzwirkung vor Typ-2-Diabetes von 30 Prozent
erreicht werden. Vielen Betroffenen fällt es aber schwer, ihren
Lebensstil umzustellen. (APA)