Entwicklungshilfe nur gegen Rücknahme von illegalen Einwanderern? - Die EU-Innenminister wollten am Donnerstag nicht so weit gehen, wie es der britische Premierminister Tony Blair vorgeschlagen und dessen Innenminister David Blunkett ihnen vorgetragen hatte. Bei ihrer Ratssitzung in Luxemburg, die ganz im Zeichen der Immigrationspolitik stand, einigten sie sich auf eine Formel, die mehr Zuckerbrot als Peitsche in Aussicht stellt, um Drittländer zur Kooperation zu bewegen.Österreichs Innenminister Ernst Strasser teilt freilich die Meinung von Blair und Blunkett: "Ich bin für eine bessere Koordinierung der Entwicklungshilfeaktivitäten mit den Migrationsströmen", sagte er in Luxemburg vor Journalisten. Auch sein deutscher Kollege Otto Schily meinte: "Wer sich nicht an seine selbstverständlichen Verpflichtungen hält, muss zu spüren bekommen, dass das Konsequenzen hat." Auch finanzielle. Anders sieht das Schweden. Ministerpräsident Göran Persson hatte sich diese Woche dagegen ausgesprochen, Ländern, die bereits arm sind, EU-Hilfsgelder zu verweigern. In ihrer Abschlusserklärung konzentrierten sich die Innenminister daher darauf, einen Forderungskatalog für Drittländer aufzustellen und Unterstützung anzubieten. Die EU-Staats- und Regierungschefs sollen bei ihrem Gipfel in Sevilla in der kommenden Woche nur eine allgemeine Drohung mit "sofortigen und angemessenen politischen Reaktionen" gegen Staaten beschließen, die nicht kooperieren. Marokko im Visier Ein Land, das die Minister bei ihren Gesprächen in Luxemburg konkret im Auge hatten, ist Marokko. Von dort aus versuchen jährlich Tausende, in kleinen Booten nach Spanien überzusetzen. Die Innenminister verabschiedeten auch ein Papier, in dem sie die Eckpunkte für einen künftigen Grenzschutz der Europäischen Union skizzieren. Strasser betonte aber, dass die Regierungen anders als die EU-Kommission keine gemeinsame Grenzpolizei anstrebten: "Wir wollen unser Weisungsrecht behalten und auf Koordination und Kooperation setzen." (DER STANDARD, Printausgabe, 14.6.2002)