Berlin/Wien - Der Nitrofen- Skandal in Deutschland hat nun auch die konventionelle Landwirtschaft erfasst. Am Donnerstag wurden fünfzig weitere Höfe in Deutschland gesperrt, nachdem bekannt geworden war, dass mit Nitrofen verseuchtes Tierfutter nicht nur an Ökobetriebe gelangt war. In Mecklenburg- Vorpommern, Brandenburg und Niedersachsen waren mit Stand von Donnerstagnachmittag mehr als 550 Betriebe vorläufig geschlossen. Und der Skandal könnte sich noch ausweiten: Allein in Niedersachsen wurden sechs Handelspartner ausgemacht, die über eine Firma Futtermittel aus der mit Nitrofen verseuchten Halle in Malchin gelagert hatten. "Wir haben vorerst keine Hinweise darauf, dass Futtermittel auch nach Österreich gelangt sind", erklärte der Sprecher des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums, Hanns-Dieter Rosinke, zum Standard. Eine Einschätzung der Situation, die Bernhard Url, der für Agrarbelange zuständige Kogeschäftsführer der neuen österreichischen Ernährungsagentur, bestätigt: Seit dem 28. Mai seien 60 Futtermittelproben aus deutschen und osteuropäischen Chargen auf Nitrofen getestet worden, in keiner davon sei das Gift nachgewiesen worden. Dennoch, so Url, sei Vorsicht geboten: "Futtermittel werden weltweit über noch weitere Distanzen hinweg gehandelt als landwirtschaftliche Produkte." Während die EU-Kommission angesichts der, wie angenommen wird, unveränderten Quelle der deutschen Nitrofenkontamination keinen Grund zu erhöhter Sorge sieht. "Wir haben erwartet, weitere Nitrofenfunde zu machen", sagte eine Sprecherin von EU-Gesundheitskommissar David Byrne in Brüssel.(I. Brickner, A. Föderl-Schmid, DER STANDARD, Printausgabe, 14.6.2002)