Wien - Beim Verkauf der fünf bundeseigenen Wohnbaugesellschaften wird offenbar eine österreichische Lösung angestrebt. Finanzminister Karl-Heinz Grasser hat beim Ministerrat am Dienstag einen Zwischenbericht vorgelegt. Darin heißt es wörtlich: "Wie sich aus den vorliegenden Angeboten der Investmentbanken ergibt, sehen sämtliche Vorschläge in den Konzepten die Ansprache österreichischer Investorengruppen vor. Diese Investoren werden hiebei hinsichtlich ihrer Finanzkraft und ihrer Kaufinteresses durchaus positiv gesehen." Der Finanzminister selbst will jedenfalls Ende dieses oder Anfang nächsten Jahres entscheiden, wer den Zuschlag erhält. Im Herbst will sich Grasser die notwendige gesetzliche Ermächtigung zum Verkauf der fünf Gesellschaften Buwog, WAG, ESG Villach, WBG Wien und EBS Linz holen. "Verkauf politisch nicht machbar" Einen Verkauf der Wohnbaugesellschaften an ausländische Investoren hielten Experten so kurz vor der nächsten Nationalratswahl 2003 politisch für nicht machbar. Als wahrscheinlich gilt die Veräußerung an ein Konsortium aus Banken, Versicherungen und Fonds. Immofinanz-Chef Karl Petrikovics verweist im STANDARD-Gespräch dabei bereits auf die bevorstehende Kapitalerhöhung seines Instituts. Wie berichtet, wird mit einem Erlös zwischen 727 Mio. EURO und einer Mrd. Euro gerechnet. Eine Variante ist auch, dass die zwei größten und eigenkapitalstarken Gesellschaften Buwog und WAG die Bundesimmobiliengesellschaft BIG kaufen. Damit hätte Grasser auch das Problem los, dass die Ausgliederung der BIG als nicht maastrichtkonform gewertet wird. Der Verkauf der BIG an Buwog & Co könnte ein Zwischenschritt auf dem Weg zu einem Börsegang sein. Offen ist derzeit noch, welche der fünf Investmentbanken (CA-IB, Lehman Brother, Salomon Brother, JP Morgan und Rothschild) tatsächlich den Zuschlag für die Veräußerung der Wohnbaufgesellschaften erhält. Bis Freitag werden von ihnen "Ergänzungsangebote" verlangt, was auch zu einer Verbilligung der Honorarleistung führen soll. Üblicherweise erhalten die Investmentbanken einen Prozentsatz vom Transaktionsvolumen als Honorar. Gut möglich, dass man sich auf einen Fixbetrag einigt. Von den dann verbleibenden drei Investmentbanken soll in einer zweiten Verhandlungsrunde bis 25. Juni der Bestbieter unter den Banken gekürt werden. Keine Änderung bei Eigentümerwechsel Im Bericht an die Ministerkollegen hält Grasser fest, dass sich für die Mieter auch bei einem Eigentümerwechsel nichts ändert. Das Mietverhältnis bleibt "unberührt". Auch der derzeit laufende Wohnungsverkauf an die Mieter ist vom Verkauf der Gesellschaften nicht betroffen. Von den 60.000 bundeseigenen Wohnungen standen 38.850 zum Verkauf. Tatsächlichen kaufen werden nur wenige. (Claudia Ruff/DER STANDARD, Printausgabe, 11.6.2002)